(Zusammengestellt und geschrieben für das BABEL-Projekt, Konsi Zürich 1992, Spielfassung)
(Gott sah auf die Erde, und siehe da … sie war … ver-der-b-t!)
“Die Erde ist voller Frevel von den Menschen her, so will ich sie denn …
von der Erde … ver-til-gen …
Noah, mache dir eine Arche aus Tannen-holz,
dreihundert Ellen lang, fünfzig Ellen breit und dreissig Ellen hoch …
aus lauter Zellen sollst du sie bauen, ein unteres, ein zweites und ein drittes Stockwerk, und eine Tür an der Seite …”
und … da kam die Sintflut über die Erde
und … im 600 und ersten Lebensjahre Noahs, am ersten Tag des ersten Monats waren die Wasser auf der Erde versiegt …
und … (das Bild der Taube)
und … (da tat Noah das Dach von der Arche und siehe da …)
und … (das Bild der Opferung)
(da roch Gott den lieblichen Wohl-geruch und sprach:)
“Ich will fortan nicht noch ein-mal die Erde verfluchen um des Menschen willen … fürderhin will ich alles Lebendige nicht mehr schlagen …”
und … da sie nun gegen Morgen zogen,
fanden sie ein ebnes Land im Lande Sinear.
MUSIK: BABEL 1.1
MUSIKEINSCHUB: SCELSI
MUSIK: BABEL 1.2
Und da sie nun gegen Morgen zogen,
fanden sie ein ebnes Land im Lande Si-ne-aaahr …
(Herodot:) “… dies Land ist von allen insgesammt, die ich kenne,
bey weitem für Getraidecultur das beste …
(alle andern Bäume versucht es nicht einmal zu tragen, Feigen, Wein oder Oel) …
für das Getraide ist es so vorzüglich, dass es in der Regel zweyhundertfältig lohnt, wenn es aufs beste trägt, bringt es bis gegen dreyhundertfältige Frucht …
… die Blätter des Waizens und der Gerste werden dort gute vier Finger breit;
was aber aus der Hirse und Sesam für baumhohe Stauden wachsen, erwähne ich gar nicht, obwohl ich es weiss, denn ich bin mir wohl bewusst, dass, die nicht nach Babylonien gekommen sind, es nicht glauben werden …”
und allda wohneten sie da selbst;
… und sprachen untereinander: Wohl-auf,
lasset uns Ziegel streichen und brennen!
Und da nahmen sie Ziegel zu Stein und nahmen Thon zu Kalk.
… und die hoffährtigen Menschen sprachen: Wohl-an,
lasset uns eine Stadt bauen und einen Thurm,
ein Denkmal, dess Spitze bis an den Himmel reiche,
… bis in den Himmel reiche (MUSIK: BABEL 2) … dass wir uns einen Namen machen (die hoffährtigen Menschen!) damit wir nicht in alle Welt zerstreuet werden
(während Babel 2, Texteinschub:) “lasset! – uns! – eine Stadt! – bauen! – und! – einen Thurm! – ein Denk-mal! …”
(nach Musik Babel 2:) … und wollen uns machen einen Namen,
damit wir nicht zerstreuet werden über die ganze Erde,
… denn wir werden
vielleicht
… zerstreuet in alle Länder …
Da fähret Gott hernieder,
dass er sähe die Stadt und den Thurm, die die Menschenkinder bauten
… die Stadt zu besehen und den Thurm!
… und anfähet die Sünder zu strafen,
die sichern, sichern, sicheren Menschen,
die zuvor meinten, er wäre weit davon, und sähe ihr Thun nicht,
… dass die sichern, sichern, sicheren Menschen erfahren!
dass er ihnen viel zu nahe ist!
und bald! Mittel! könne finden! sie zu strafen!
… und der Herr sprach:
Siehe, es ist einerley Volk und einerley Sprache unter ihnen allen,
und haben doch das angefangen zu thun …
(MUSIK: BERBERIAN)
… und das beginnen sie, zu thun … und das ist nur der Anfang!
(nach Berberian:) … fortan wird ihnen nichts unerreichbar sein,
und sie werden nicht ablassen von Allem, was sie vorgenommen haben zu thun und nichts wird ihnen verwehret seyn, was sie ersinnen
… und nun wird ihnen nichts un-möglich sein!
Wohl-an, Sohn! … lasst uns herniederfahr’n, und ihre Sprache da-selbst verwirr’n,
dass keiner des andern Sprach’ vernehm’
… dass sie nicht versteh’n einer des anderen Sprach’
bis … dass bessere Liebe kömmt …
MUSIK: BERIO
… nichts wird ihnen nun verwehret seyn,
von dem was sie ersinnen zu thun wird ihnen nichts un-möglich sein
Sohn! lasst uns herrnied’rfahr’n und ihr Sprach da-selbst ver-“wirr-rr”en,
dass keiner des andern Sproch vernehm
und nix versteh des anderen Spruuch …
und also zerstreute sie der Herr von dannen in alle Länder,
dass sie mussten aufhören die Stadt zu er-bauen
… daher heisst ihr Name Babel, “Tor Gottes”;
“Babel” – “balal”: ver-“wirr…”, ver-“meng…”
Babl: dass der Herr daselb verwirr’t hatt’ aller Länd’r Sprach,
und die hof-fährt’gen Mensch’n zerstruit – von dann’n in all’ Länd’rr
B’b’l …
… d Sproch’ der ganz’n Mensch-lich-kei-t
g’nz v’r-wi-irr-t!
und uber d’ganz Erd … g’nz zerstruit-!
Eine Theaterprobe findet trotz Widrigkeiten statt: unser Schauspieler kommt immer schon etwas früher und bereitet sich auf die Probe vor. Die Kollegen sind nicht hier, die Regie fehlt auch, nur ein Tontechniker werkelt am Beleuchtungspult herum … die Theaterleitung ist „anderweitig beschäftigt“ und scheint nicht im Haus zu sein – offensichtlich hat er nicht mitgekriegt, dass die Probe heute ausfällt, verschoben wurde, oder was auch immer. Also könnte der Schauspieler richtig gut für sich und am Text arbeiten, nur … Publikum ist hier und erwartet eine Vorstellung. Also Begrüssung … und rette sich wer kann!
Aus der ersten Entschuldigung folgen Erklärungen zur Situation, zur Rolle und zur Probe, die sich etwas zu „verspäten“ scheint. Über das Allgemeine kommt der Schauspieler zum Besonderen und zum Kern des Projektes –die Nichtprobe entwickelt sich zeitweise sogar zur Vorstellung, das Theater zum Leben und zum Überlebensprogramm.
Das Publikum „erfährt“ in dieser Probe, die dann also doch noch stattfindet, mehr zum Theater und zur Theaterarbeit als oft in einer Vorstellung: wie entsteht und wie wird eine Theatersituation begründet, was ist Wagnis, Bereitschaft zur Beschäftigung mit einem Rollenzusammenspiel, was ist Inhalt, was Deutung, was Form … und was nur modernistische Stimmungsmache.
Es wird an Goethes Faust gearbeitet, an der Rolle des Mephisto. Im aktuellen Inszenierungskonzept wird er als Geist angelegt, also eine wunderbare Aufgabe für unseren Schauspieler, der sich im Laufe seiner Karriere zum Spezialisten auf diesem Gebiet etabliert hat. Dazu hat er eine dezidierte und fast mephistophelische Meinung, was Theater kann und soll, was eine Figur darf und was sie muss … und er referiert gerne darüber. Also kommt auch das Theater zur Sprache, die Theatermacher und die Theatermiesmacher, und auch das, was ihn an der Theaterarbeit interessiert: Rollenstudium und Rollenverständnis in der Beziehung zu allen weiteren Rollen des Projektes, zur aktuellen Zeit, zum Ort und zum Publikum. Dabei hat er in seinem Theaterleben auch schwere Zeit durchmachen müssen.
Theater wird somit zum Zentrum der Auseinandersetzung mit dem Leben. Bis Faust seine Zeit absteckt und beendet mit seinem „Verweile doch, du bist so schön!“ … und Gretchens Geist auf ihn einwirkt, himmlisch
Die erste Uraufführung fand im Theater Winterthur am 8. Mai 2010 statt, siehe: >>> TemPest 2010
Aufgrund einer plötzlichen und schweren Erkrankung des Hauptdarstellers Norbert Kentrup in der ersten Woche nach den Vorstellungen in Winterthur mussten die drei vereinbarten Vorstellungen vom 15. bis 17. Oktober im Theater Rigiblick Zürich abgesagt werden. An einer Wiederaufnahme mit der gleichen Besetzung war auch ein ganzes Jahr später leider noch nicht zu denken. Im Gespräch mit der Kulturstelle der Stadt Zürich wurde diese Tatsache berücksichtigt und eine formelle Anpassung der Unterstützungsbedingungen sowie des Projektes an die sich neustellenden Möglichkeiten bis spätestens 2013 vereinbart. So wurden wesentliche Änderungen an Inhalt und Inszenierung vorgenommen, derart, dass die Wiederaufnahme als neue Fassung betrachtet werden muss. Die Grösse und Ausstattung der Inszenierung musste auch inhaltlich und formell angepasst werden. Auf das Zürcher Barockorchester musste bereits aus ersten planerischen Gründen verzichtet werden. Damit war ein neues Denken in der Konzeptdimension nötig: Die vier Solisten wurden gestrichen und die textlich mehrsprachige Kommunikation wurde auf eine deutsche Fassung reduziert: so wurde mit einem Streichquartett, dazu ein Cembalo, zwei Blockflöten und einen szenisch integrierten Sprecher gearbeitet. Kompositorisch schuf Martin Derungs eine neue Musik “TemPest Fragmente” als Basis für die Integration der früheren Musik wie bereits bei der ersten Idee für 2010.
Alle diese Änderungen brachten es mit sich, dass aus einer ursprünglichen Bühnenfassung von 27 Personen trotzdem eine vollwertige, kompaktere Kammertheater-Produktion mit 7 Personen möglich wurde – richtig für den Saal im Zürcher Kulturzentrum ‘Debattierhaus’ KARL DER GROSSE.
Zum Inhalt: Der alleinerziehende Vater Prospero mit seiner Tochter Miranda sind auf unbestimmte Zeit auf einer Insel verbannt. Für alle Fälle erzieht er sie in seinem Sinne und bereitet sie vor auf Lebensfähigkeit und Lebenshaltung. Seine Magie im Umgang mit dem Leben eröffnet ihm und ihr eine weitere Zukunft. Was sie ihnen bringen wird, zeigt sich erst – bereit sein ist schon etwas. Neue Textfassung von Gian Gianotti auf der Basis von William Shakespeare Tempest.
Zur Musik: Matthew Locke Tempest – kurze und radikale Formulierungen seelischer Zustände – definiert im musikalischen Konzept die Grundenergien in Bezug auf das Thema. Der Variationensatz von Franz Schubert Der Tod und das Mädchen stellt Fragen nach der Endlichkeit des Seins. Purcells Chaconne sucht die unendliche Transzendenz, während die TemPest-Fragmente von Martin Derungs die menschlichen Konflikte neu beleuchten.
Musik
Matthew Locke: Tempest (Instrumentalmusik, 1667)
Henry Purcell: King Arthur (Chaconne, 1691)
Franz Schubert: Der Tod und das Mädchen (Streichquartett, Andante con moto, 1826/31)
Martin Derungs: TemPest Fragmente (UA)
Pacific Quartet Vienna: Yuta Takase (Japan), Violine Eszter Major (Schweiz), Violine Chin-Ting Huang (Taiwan), Viola Sarah Weilenmann (Schweiz), Violoncello
Gian Gianotti, Text und Einrichtung
Aufführungen in Zürich, KARL DER GROSSE, Samstag 6. Juli 20.00 Uhr, Sonntag 7. Juli 11.30 und 20.00 Uhr – Einführung jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn Eintrittspreise: 50.—Fr. Ermässigte für Studierende 30.—Fr.
Sehen Sie die Uraufführung der Fassung 2010 im Theater Winterthur >>> TemPest 2010
Mit besonderem Dank an:
Kultur Stadt Zürich prohelvetia ERNST GÖHNER STIFTUNG Secure Data Innovations AG Artephilia Stiftung
Zuger Kulturstiftung Landis&Gyr Kanton Zürich FACHSTELLE KULTUR
Libretto von Gian Gianotti für die Nach-Realisierung der Semi-OperThe Tempestvon Matthew Locke (1621-1677), mit neuen Kompositionen von Saskia Bladt und Martin Derungs Ein Theater-Konzert weit nah bei William Shakespeare “Der Sturm”
Matthiew Locke (1621-1677)
The Tempest
Semi-Oper (UA 1673) nach William Shakespeare, Der Sturm (UA 1611)
Uraufführung: Theater Winterthur, 8. Mai 2010, zweite Vorstellung am 9. Mai
Weitere Vorstellungen in Zürich im Oktober 2010 mussten leider abgesagt werden.
Die Wiederaufnahme ist geplant für Juni/Juli 2013. Siehe dazu >>> TemPest WA
TemPest Ein Theater-Konzert über das Sich-Finden und Los-Lösen des Menschen auf seinem Lebensweg, weit nah bei William Shakespeare “Der Sturm”
Steckbrief – 4 Sänger/innen des „Vokalensemble Zürich”
– 20 Musiker des Zürcher Barockorchesters
– Schauspieler, Schauspielerin und Tänzer für die Rollen von Prospero, Miranda und CaliPan/Ferdinand
– Kompositionswerkstatt: Barockmusik aus England und neue, zeitgenössische Musik
– Szenisches Konzert
Mitwirkende, neue Kompositionen: Saskia Bladt
Martin Derungs
Leitung: Matthias Weilenmann, Musikalische Leitung Gian Gianotti, Inszenierung
Katrin Sauter, Mitarbeit Regie Peter Siegwart, Leitung Vokalensemble Zürich Rolf Derrer – Licht/Szenografie Eduardo Santana – Bild Barbara Wirz – Bekleidung
Projektleitung: Gesamtleitung: Matthias Weilenmann Produktionsleitung: Thomas Rainer, ALLEGRA – Agentur für Kultur, Mannheim, Tel- +49 621 832 12 70 info@allegra-online.de
Monika Baer, Violine Markus Bernhard, Violone Martina Bischof,Viola Rosario Conte,Theorbe Luca Fiorini,Viola Aina Hickel,Violine Christian Hieronymi, Cello Margarete Kopelent, Orgel Sibille Kunz, Blockflöte Susann Landert,Fagott Heidi-Maria Makkonen, Violine Linda Mantcheva,Cello Malina Mantcheva, Violinen Eveleen Olsen,Violine Olivia Schenkel, Violine Jermaine Sprosse, Cembalo Renate Steinmann, Violine, Konzertmeisterin Andel Strube, Blockflöte Sarah Weilenmann,Cello Salome Zimmermann,Violine
Zum Inhalt: Prospero hält Rück- und Vorschau auf seine Lebenszeit und auf die Chancen seiner Tochter Miranda. Vor 15 Jahren hatte er sich als Herzog von Mailand aus dem politischen Leben zurückgezogen, um sich der Magie der Lebenswahrnehmung, Lebensgestaltung und der Erziehung seiner Tochter zu widmen. Auf seiner Existenz-Insel ist ihm der Luftgeist Ariel zu Diensten, Caliban/CaliPan muss in seiner körperlichen Kraft gezähmt werden. Nun will er seine Tochter Miranda ins eigenständige Leben begleiten.
Ariel richtet die Abläufe und Begegnungen nach Prosperos Wunsch ein. CaliPan hat eigene Interessen. Miranda reift in ihrer Liebesfähigkeit. Prospero erhält seine alte Macht wieder und gibt sie der nächsten Generation weiter. Die Endlichkeit des Vaters ist der Beginn des Lebens der Tochter. Miranda beginnt ihr Spiel.
Shakespeare liefert uns die Idee des Generationenwechsels in seinem faszinierenden Spätwerk “Der Sturm”.
Zum Projekt: Zur Musikfassung von Matthew Locke und zur neuen Edition 2010
„The Tempest”, komponiert um 1670, gehört zu den wichtigsten Semi-Operas in England. Basierend auf der Theatervorlage von William Shakespeare entstand in der Mitte des 17. Jahrhunderts ein neu zusammengestelltes Libretto, das die Basis des Werkes von Matthew Locke wurde. Matthew Locke, Hofkomponist und Lehrer von Purcell, schrieb den größten Teil der Musik, und lud verschiedene Komponisten ein, sich am Werk zu beteiligen: John Banister, Pelham Humfrey, Pietro Reggio, John Hart, Giovanni Battista Draghi. So entstand wie oft in der Zeit ein facettenreiches Gemeinschaftswerk. Ein weiteres Merkmal vieler Semioperas bestand in der Verbindung von gesprochenem Text mit Musik, Gesang und Tanz. Dieses Zusammenspiel der Sparten wurde für die Neuedition 2010 beibehalten.
Historische Öffnung Das Prinzip der “Komponistenwerkstatt” hat uns dazu bewogen, das ursprüngliche Konzept ins Heute auszuweiten: Saskia Bladt und Martin Derungs komponieren neue Interventionen und prägen so das Projekt Alte und Neue Musik. Diese Weitungen nehmen direkten Bezug auf die historische Situation: Saskia Bladt schreibt eine charakterisierende Musik für die Insel/Ariel und für Miranda, während Martin Derungs Wort- und Gedankenfetzen des neuen Librettos aufnimmt, überhöht und damit eine den Zeitverlauf gliedernde Interventionsebene schafft.
Die Neufassung und Inszenierung Locke kürzte die Textfassung von Dryden, Davenant und Shadwell bis zur Shakespeare-Unkenntlichkeit und spielte mit den neuen Möglichkeiten der barocken Bühnentechnik. Nach der Schliessung der Theater durch die Puritaner (1640-58) wurden auch in England die geschlossenen Innenräume für das neue Theater entdeckt und definiert. Das Libretto von Gian Gianotti besinnt sich „ganz weit nah“ auf Shakespeare und verbindet die integralen Musikteile in ihrer originalen Reihenfolge. So entsteht ein szenisches Konzert über das Sich-Finden und Los-Lösen des Menschen auf seinem Lebensweg.
In der Abgeschiedenheit seiner Lebens-Insel und hoffend, dass das Leben aus mehr besteht als nur aus Machtintrigen und Ränkespielen versucht ein Vater mit Hilfe der „lebensmagischen Sensibilität“ seine Tochter mit neuen, höheren Fähigkeiten auszustatten, damit sie als nächste Generation das Leben und die Weltgeschicke unabhängiger und freier gestalten kann. Sein Charakter prägt seine Tochter und bringt sie dazu, sich von ihm abzugrenzen und ihren eigenständigen Weg zu finden.
(Gian Gianotti, April 2010)
TemPest – Vorläufige Termine … Premiere der Uraufführung Samstag 8. Mai 2010, 19.30 Uhr im >>> Theater Winterthur
Sonntag 9. Mai 2010, 19.00 Uhr im >>> Theater Winterthur Einführung ab 18.45 Uhr
weitere Vorstellungen Freitag 15. Oktober 2010, 20.00 Uhr im Theater Rigiblick, Zürich
Samstag 16. Oktober 2010, 20.00 Uhr im Theater Rigiblick, Zürich
Sonntag 17. Oktober 2010, 17.00 Uhr im Theater Rigiblick, Zürich
Siehe: >>> Theater Rigiblick, Germaniastrasse 99, 8044 Zürich
Aufgrund einer plötzlichen und schweren Erkrankung des Hauptdarstellers Norbert Kentrup mussten diese drei Vorstellungen von „TemPest“ vom 15.-17. Oktober im Theater Rigiblick Zürich abgesagt werden. Die Vorstellungen in Zürich wurden 2013 in einer Wiederaufnahme nachgeholt: >>> Link zur WA
Norbert Kentrup hat in seinem Buch “Der süsse Geschmack von Freiheit” (KellnerVerlag, 2018) über diese Erfahrung geschrieben. Daraus:
>>> Auszug zur TemPest – DIE IDEE IST DER WEG
Das Projekt Das Musikkollegium und das Theater Winterthur haben der Förderung von Kindern und Jugendlichen im Bereich Musik, Theater und Kreativität einen nachhaltigen Impuls verliehen. Angesprochen waren alle Schülerinnen und Schüler der Stadt und der näheren Umgebung von Winterthur.
DieGrundidee des Projektswar ein pädagogisch–kreativer Ansatz, welcher erlaubte,Kinder und Jugendliche von der Volksschule bis zur Maturität, sich in die Entstehung eines gemeinsamen Bühnenwerks zu integrieren.
Der Prozess begann im Frühjahr 2008 bei der Entwicklung einer Geschichte, die in einem nächsten Schritt dramatisiert und bis zu den Aufführungen umgesetzt wurde.
Auch die bühnentechnische Realisierung wurde weitgehendst von den Schülern und Schülerinnen mitdefiniert, die theaterfachlich begleitet und geleitet wurden. Die Uraufführung des Bühnenwerkes fand im Mai 2009 im Theater Winterthur statt.
Über 900 Kinder waren daran beteiligt, sowohl aus Einzelinteresse als auch im Klassen- oder Schulhausverband organisiert.
Assistenz, Theaterpädagogische Betreuung, Mitarbeit Organisation Katrin Sauter Vera Bryner
ZHdK Studiengang Theaterpädagogik, Gruppen und Klassenbetreuung: Marcel Grissmer Simone Haungs Eva Heissenhuber Lucas Keist Thea Rinderli, Praktikantin Mira Sack, Leitung Marcel Wattenhofer, Leitung
sowie alle Lehrerinnen und Lehrer der teilnehmenden Schulklassen, resp. Schulhäuser
DAS PROJEKT –Die Idee Zwei “Geschichten-Erfindungsklassen” schrieben zuerst Aufsätze mit Inhalten, die sie gerne auf dem Theater zeigen möchten. Daraus wurden vier Grundideen herausgenommen und einer “Librettoklasse” vorgelegt. Diese arbeitete mit einer “Poesieklasse” zusammen, die einzelne Textpassagen für Arien und Lieder umschrieb – und das Projekt erhielt den Namen: FEALAN. Der Inhalt des sich verändernden Librettos wurde immer wieder den Erfindungsklassen vorgelegt. Betreut wurden diese Schritte vonPaul Steinmann. Zuletzt wurde das Libretto noch sprachlich koordiniert.
Nach diesem Prinzip wurde danach auch die Musik von den Kindern in Begleitung von Andreas Nickdefiniert, komponiert und für das Orchester des Musikkollegiums Winterthur MKW eingerichtet.
Alles was dann auf der Bühne stattfand wurde von den Kindern geschrieben, definiert, vertreten, dargestellt und gesungen. Die Erwachsenen haben sie “nur” begleitet und unterstützt. Und sie haben alle mit dem Publikum gestaunt, welche fast nicht zu bändigende Kraft und Energie in 800 Kindern und Jugendlichen steckt, die sich ein Jahr lang unter anderem auch mit Theater beschäftigen können. 360 davon sind an ihre Grenzen gegangen und haben in den vier Vorstellungen alles gegeben und gespielt: Schüler und Schülerinnen, Lehrpersonen, Polizisten, Wächter, Elfen, Blumen, Schmetterlinge, Kröten, Wände, Winde und Wasser, Macht und Ohnmacht, Paparazzi, Journalisten, Choristen und im Ouvertüre-Orchester.
Das Prinzip der Arbeit war, dass alle Kinder ihre Ideen, eingebrachten Formulierungen, Klänge, Formen, Farben, Bewegungen auf der Bühne wieder vorfinden sollten: daraus wurde eine farbige Welt, eine grosse Kundgebung für die Freundschaft und Menschlichkeit. Das Publikum, die Familien, die Lehrer/innen und die Schulbehörden haben es ermöglicht. Und sie haben es wahrgenommen.
Die Aufführungen – 2009 Freitag 8. Mai 11.00 Uhr – interne GP für alle Beteiligten
Samstag 9. Mai 2009 17.00 Uhr – Premiere, Uraufführung
Weitere Vorstellungen – Sonntag 10. Mai 11.00 und 15.00 Uhr
Die Arbeitsbereiche Das Projekt gliederte sich nach verschiedenen Arbeitsbereichen, die zeitlich gestaffelt waren und verschiedenen Altersgruppen erlaubten, sich nach eigener Vorliebe sinnvoll in die Produktion einzubringen. Der damit verbundene Arbeitsaufwand für die Schulklassen war je nach Arbeitsbereich und Anzahl teilnehmender Klassen und Kinder variabel. Die Langfristigkeit und die auf Integration ausgerichtete Vielfältigkeit des Projektes war Teil des Konzeptes. Alle Leitungspersonen und beteiligten sowie unterstützenden Organisationen wurden vom breiten Interesse regelrecht überrumpelt. Sowohl der innere wie auch der öffentliche Erfolg waren enorm.
Konzept und künstlerische Leitung: Andreas Nick, Komponist und Dozent ZHdK
Projektleitung: Marco Müller, Jugendbeauftragter Musikkollegium Winterthur
>>> Die Dokumentation (mit Pressetext) Das ganze Projekt wurde übers Jahr von einer Filmequippe von >>> EYE MIX Zürichbegleitet. Die Dokumentation wird am 11. September 2009 erstmals morgens für die beteiligten Kinder und abends für die beteiligten Familien und Freunde imTheater Winterthur im Rahmen des TheaterjubiläumsTW30gezeigt. Am Sonntag 13. September findet die Erstausstrahlung in der Sendung >>> KLANGHOTELdesSchweizer Fernsehens SFstatt. Die Regie der Dokumentation führteRegula Tobler.
Angesichts der vielen Kinder und Personen, die am Projekt beteiligt waren, wurde FEALAN von der lokalen Presse stark begleitet.
Über die ganze Vorbereitungszeit erschienen mehrere Artikel und Gespräche im MedienpartnerWinterthurer Stadtanzeiger.Sie können diese Seiten hier als pdf einsehen:
Und das auch noch – zum Abschluss! DIE AUSZEICHNUNG junge ohren preis 2009 in der Kategorie “Best Practice”
Aus der Jury-Begründung: “Ein Grossprojekt, das in beispielhafter Weise aktivierend ist. Die Arbeit in einem professionellen Setting mit dem Musikkollegium Winterthur kann als ‘once in a livetime experience’ bezeichnet werden, die nicht nur durch drei ausverkaufte Aufführungen, sondern auch durch einen nachhaltigen Bezug zum Musiktheater belohnt wird.”
Prof. Dr. Ingrid Allwardt, Geschäftsführerin netzwerk junge ohren
Berlin, den 1. Dezember 2009
Partita 3 in E-Dur BWV 1006, Sonata 1 g-Moll BWV 1001, Partita 2 in d-Moll BWV 1004
Sowie weitere Werke im Kontext von Dieupart, Couperin, Lebègue, Rameau, Biber, J. S. Bach, Corelli, Molique, van Bruyck, Brahms, Raff u.a.
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Monika Baer, Violine
und Michael Biehl, Tasteninstrumente Rosario Conte, Laute, Theorbe Regula Maurer, Violoncello
Lénaïg Guégan, Tanz
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Gian Gianotti, Projekt, Bühne und Inszenierung Dominik Sackmann, Dramaturgie Wilfried Potthoff, Beleuchtung
Mit der Mitarbeit der Technik und der Verwaltung des Theaters Winterthur
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Szenische Einrichtung für die grosse Bühne
Theater Winterthur
Freitag 27. Mai 2005, 19.30 und Sonntag 29. Mai, 17.00 Uhr Einführungen jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn
Sonntag 29. Mai, 14.30 Uhr „Einführung in die Violin-Sonaten und –Partiten, sowie zur Entstehung und Wirkung der gespielten Werke“ ein Vortrag von Dr. Dominik Sackmann, im Theater-Foyer
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Das Projekt wurde unterstützt von der Ernst Göhner Stiftung Zug und von der Kulturstiftung Winterthur
Diese Aufnahmen von Monika Baer und aus der Generalprobe vom 26. Mai 2005 können frei verwendet werden. Wir bitten Sie, die Bilder mit theaterforum.ch/Bach 1720 zu bezeichnen.
Das Programm
Partita E-Dur BWV 1006 Preludio
Charles Dieupart (+1740): Quatrième Suite e-Moll, Allemande (Cembalo/Ensemble)
Loure
Gavotte en Rondeau
François Couperin (1668–1773): Pièces de Clavecin, Second Livre,
Douzième Ordre (1717), „Les Jumèles“ (Cembalo)
Menuett I und II (mit einer Violoncello-Begleitung, die der Klavierbegleitung von Robert Schumann nachempfunden ist)
Nicolas-Antoine Lebègue (1631?–1702): Second Livre de Clavessin (1687),
Petite Chaconne (gespielt auf Cembalo und Laute)
Bourrée
Rosario Conte: Lautenimprovisation
Gigue
Jean-Philippe Rameau (1683–1764): Aus der Oper „Dardanus“ (1739), Chaconne
Louis Couperin (+1661): „Chaconne ou Passacaille“ (Cembalo)
Heinrich Ignaz Franz Biber: Passacaglia (Violine)
Einspielung: Johann Sebastian Bach, Aus der Kantate BWV 29 „Wir danken dir Gott, wir danken dir“, Sinfonia D-Dur
Sonate g-Moll BWV 1001
Adagio kombiniert mit
– Arcangelo Corelli (1653-1713): Sonata op. 5 Nr. 5, Adagio
– Begleitung von Bernhard Molique
– Bearbeitung von Carl Debrois van Bruyck
Fuge kombiniert mit der Fuge für Laute BWV 1000
Presto in der Bearbeitung von Carl Debrois van Bruyck: Fuge (Cembalo)
J. S. Bach: Suite für Violoncello G-Dur BWV 1007, Menuett I und Menuett II
J. S. Bach: Suite für Laute g-Moll BWV 995, Sarabande
Presto
Einspielung: Johann Sebastian Bach, 4. Ouvertüre BWV 1069, Réjouissance
J.S. Bach: Passacaglia für Orgel BWV 582 (Laute und Cembalo)
Partita d-Moll BWV 1004
Allemanda
Johannes Brahms: Studie für Pianoforte WoO 6 Nr. 5 (Klavier)
J. S. Bach: Suite für Violoncello d-Moll BWV 1008, Courante
Joseph Joachim Raff: Chaconne (Klavier)
Sarabanda
Joseph Joachim Raff: Chaconne (Klavier)
Giga
Chaconne
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Zur Erklärung der verwendeten Schriften auf dieser Seite:
Fette Titel: Sätze aus den Violinsonaten und –partiten Kursive Angaben: Bearbeitungen einzelner Sätze aus Bachs Violinsoli aus dem 19. Jahrhundert Normale Schrift: Weitere Werke von Johann Sebastian Bach und anderen Komponisten
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theaterforum.chZum Projekt 2005 Bach 1720
Gian Gianotti
Die Bachforschung sagt, dass der Tod der Maria Barbara Bach im Jahr 1720 keinen Einfluss hatte auf die Komposition von Johann Sebastian. Zu der Zeit zwischen Mai und Juli war er in Karlsbad mit seinem Fürsten Leopold von Köthen mit den Sonaten und Partiten für Violine Solo im Gepäck (und sehr wahrscheinlich auch im Repertoire). Als er zurückkam, war seine Frau tot und begraben und er blieb zurück mit vier Kindern, Catharina Dorothea (12), Wilhelm Friedemann (10), Carl Philipp Emanuel (6) und Johann Gottfried Bernhard (5). Die Forschung sagt, der Einschnitt, die Irritation sei nicht zu “merken”, sei also wissenschaftlich nicht feststellbar.
Seine Frau und Weggefährtin über bessere und schlechtere Zeiten, die knapp 30-jährige Mutter (mit mindestens 6 Schwangerschaften inkl. Zwillingen), sei ohne irgendwelche Vorzeichen gestorben, Johann Sebastian sei für die Nachricht nicht erreichbar gewesen. Sie lebte Solidarität und Kollegialität, nicht nur in der Betreuung der Kinder und der Schüler, die wie die eigenen Kinder im Haushalt lebten und ihre Position hatten.
Und wenn die Forschung recht hat, und ‘beweisen’ kann, dass aus den Kompositionen keine Bruchstelle abzuleiten ist und Johann Sebastian Bach somit der Tod seiner ersten Frau keinerlei Lebenshemmung oder Motivationsverzögerung eingebracht habe … dann will ich vermuten dürfen, dass irgendetwas in den Forschungsunterlagen fehlt, was ihn zum Menschen macht: “verloren gegangene” Noten, Briefe, Äusserungen … oder es fehlt noch in der wissenschaftlichen Wahrnehmungsfähigkeit, dass er in den Kompositionen eben doch formuliert hat: Freude und Trauer, Freundschaft und Sehnsucht, Geborgenheit und Stütze – und womöglich erst dadurch – diese auch hat vermitteln können: Musik als Lebensbewältigung.
Mich interessiert eben diese Sehnsucht und dieser Schmerz in seinen Kompositionen in dieser unmittelbaren Zeit …und was ist nicht alles verloren gegangen! Nicht unbedingt wissenschaftlich interessiert mich das, sondern künstlerisch und menschlich, im besten Fall intuitiv: wie hat der 35-jährige bei seiner Ankunft in Köthen reagiert? Was war diese Todes-Erfahrung? Seine nächsten grösseren Kompositionen waren die Cellosuiten (BWV 1007 – 1012), etwas später die Partita für Flöte in a-Moll (BWV 1013), wiederum eine Beschäftigung in die Tiefe eines Solo-Instrumentes und nicht in die äussere Wirkung eines Grossauftrittes. Welche Gedanken und Gefühle hat er pflegen können, welche verdrängen müssen, und wie haben sie sich in Musik und Leben geäussert? Wie viele “Tode” starb Maria Barbara im Geist von Johann Sebastian Bach, bis sich sein “normales Leben” wieder einstellte und er sich an neuem Ort neuen Herausforderungen stellen konnte? (Bewerbung für Hamburg, die Komposition der Brandenburgischen Konzerte 1721 BWV 1046 bis 1051, die Wiederheirat im Dezember 1721, dann Bewerbung und Anstellung in Leipzig 1723) … Was geschah mit ihm, mit seiner innersten Lebensmotivation und Ausrichtung? Aus den Noten und Unterlagen “können wir es nicht erfahren” was können wir zwischen den Noten, Notaten und Zeilen lesen? Was können, müssen wir uns vorstellen … oder mindestens wonach könnten oder müssten wir noch suchen?
Lesen und hören wir seine Musik heute, dann erfahren wir mehr Lebenshaltung als aus jeder Protokollierung einer Freude oder eines Schmerzens – aber anders formuliert, künstlerisch, musikalisch, “verwandtschaftlich” von Mensch zu Mensch, von Seele zu Seele … so haben wir (rein theatralisch!) die Tode der Lebens-Tänzerin erfunden und beschäftigen uns mit Phänomen und Bedeutung von Bach 1720:
Ein Werk und dessen musikalische Wirkung als künstlerische Haltung.
Begleitung: >>> VortragDominik Sackmann– pdf, 10 Seiten
Warum komponierte Bach die Sonaten und Partiten für Violine solo BWV 1001 – 1006 ? >>> ProgrammheftDruckfassung– pdf, 21 Seiten Inhalt: 12 Das Programm 13 Die Beteiligten 14 Gian Gianotti – Zum Projekt 2005: Bach 1720 15 Dominik Sackmann, Warum komponierte Bach die Sonaten und Partiten für Violine solo BWV 1001 – 1006 ?
14 Leben und Werk von Johann Sebastian Bach
16 Johann Sebastian Bach, Daten zu Leben und Werk
18 Franz Rueb, aus: 48 Variationen über Bach
20 Neuere Bibliographie zu Johann Sebastian Bach, Literaturhinweise
21 Dank, Inhalt, Impressum
Aufführungsbilder: Gian Gianotti, theaterforum.ch / Bach 1720
Am Anfang der deutschen Theaterliteratur steht «Der Ackerman von Böhmen», ein Streitgespräch zwischen Mensch und Tod. «ln diesem Büchlein ist aufgezeichnet ein Streit, dergestalt, daß einer, dessen Liebste gestorben ist, den Tod zur Rede stellt, woraufhin sich der Tod verantwortet. So bestreitet der Kläger jeweils ein Kapitel und der Tod das andere, bis zum Ende.» Verfasst hat den bewegenden Dialog Johannes von Tepl, ein böhmischer Rechtsgelehrter und Stadtschreiber, um 1400 in frühneuhochdeutscher Sprache, genau an der Schnittstelle von Spätmittelalter und früher Neuzeit. Das Ringen mit dem Tod, die Auflehnung gegen ihn und das letztendliche Einverständnis mit ihm: das werden auch die Rhythmen sein, mit denen Gian Gianotti den alten Text in unserer heutigen Zeit, die den Gedanken an den Tod sonst ja gern verdrängt, zur Diskussion stellt.
Am würdigen Ort: als Freilichtaufführung im Hospitalhof Stuttgart.
Texteinstieg: Vergils Begrüssung “Heut wird dargebracht ein Strittgespräch zwischen Mensch und Todt: zwischen Leben und Lebensziel.
Höret zu lieb Leute und habt Erbauung draus für Euer Lebtag Todt, für Eurer Lieben Tage Todt. Ein hart Gespräch uber natürlich Los, uber unser Lebtag Staub.
Habt Erbarm wenn uns der Atem stockt vor dem Leben Todt, und seid, wie wir, dem Gegenuber Lebensbild: Leben, Grund und Bild für weitres Syn.
Der Todt kummt allzu bald, und der hatt stettig Recht – und blieben blibt der Schmerz für angefreundt Volk, und bliben blibt das Bild, das andre uns haben angedicht. Doch haben Schmerz und Bild ihr Lebtag Staub in sich und schwinden, eh geschaffet.”
Verschiedene >>> Autoren und Komponisten Gian GianottiTextzusammenstellung und Matthias WeilenmannMusikalische Auswahl und Koordination
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“Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge”
Eine musikszenische Einrichtung mit Texten zum Sicherheits- und Schutzdenken in der Schweiz
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Das offizielle Kulturprogramm von SH-500 und ZH-650 Jahre in der Eidgenossenschaft
Eine Produktion von theaterforum.ch in Zusammenarbeit mit dem Verein Sommertheater Schaffhausen 2001
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Premiere: 12. August 2001, 20.00 Uhr im MUNOT, Kasematte – Schaffhausen
Weitere Aufführungen in Schaffhausen: 16., 17., 19., 23., 24., 25., 26., 30., 31. August, 7., 8., 9. September 2001
Vorstellungen in Uster, Reformierte Kirche: 5. und 6. Oktober 2001 Vorstellungen in Zürich, Musikkonservatorium Florgasse: 19. und 20 Oktober 2001 Vorstellungen im Theater Winterthur: 15. und 16. November 2001
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“Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge”
Ein Theaterprogramm zum Sicherheitsdenken der Schweiz, im Rahmen der Feierlichkeiten zu „Zürich 650 und Schaffhausen 500 Jahre Beitritt zur Eidgenossenschaft”
Die Beteiligten
Matthias Weilenmann – Musikalische Konzeption und Leitung Gian Gianotti – Projektleitung, Ausstattung, Inszenierung Martin Derungs – Musikdramaturgie mit Matthias Weilenmann
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Barbara Wirz – Kostüme Rolf Derrer – Beleuchtungskonzept
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Felix Pletscher –Technische Leitung Christine Schneider – Presse Roger Staub – Grafik, Plakat Bruno Bührer – Fotografie
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Musiker, Musikerinnen Monika Baer
Julian Behr
Nicola Cumer
Jessica Horsley-Marshall
Mario Huter
Felix Knecht
Giuseppe Lo Sardo
Katharina Lugmayr
Dagmar Weilenmann
Martin Zeller
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Gesang Tino Brütsch
Martina Fausch
Kelly Landerkin
Michael Raschle
Akira Tachikawa
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Schauspielerin Monika Dierauer
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Chor Rosmarie Asal
Angela Bänteli
Julia Bolli
Verena Erne
Dorothee Fürer
Lenz Furrer
Rosmarie Gansner
Hilla Genther
Kaspar Hauser
Susanne Hyla-Eggenberger
Adèle Lukácsi
Anna Mastrobuoni
Walter Rüegg
Gina Sparano
Eleonore Strehler
Elvira Volpe
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Technik Urs Ammann
Fabian Amsler
Felix Pletscher
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Mitarbeit Kostüme und Fahnen: Nicole Styger, Walter Wirz
Technik: Delux Zürich, Thomas Brunold, Isabel Lehmann, Florian Spühler
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Projektgruppe Schaffhausen Richard Meier, Roger Staub, Matthias Freivogel, Gian Gianotti
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“Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge”
Musik-Szenische Einrichtungen mit Texten zum Sicherheits- und Schutzdenken in der Schweiz
Ein offizielles Kulturprogramm zu den Feierlichkeiten SH-500 und ZH-650
Als damals die Regionen und Städte zusammenfanden war das ein Zeichen einer Suche nach Sicherheit, nach Stärke und Zukunft. Die Gründe sind so vielfältig wie deren Deutungsmöglichkeiten. Unter diesem Titel, einem Zitat aus der 9. Motette von Heinrich Schütz, wollten wir einige Hauptaspekte thematisieren und sie in verschiedene Kontexte stellen.
Nach der Uraufführungseinrichtung in der Kasematte im Munot möchten wir dieses Thema und Programm auch in anderen Räumen angehen. Unter der jeweiligen Bedeutung des Ortes verändern sich Aussage und Wahrnehmung, auch wenn die Programmfolge dieselbe bleibt. Was wird anders? Die ganze Rezeption. Im sakralen Kontext in Uster werden die Aussagen unwillkürlich vermehrt unter dem religiösen Aspekt assoziiert, und die Musik, sowie das gesprochene Wort werden im Konzert- und im Schulungsraum wieder ganz anders “klingen”. Auf der Theaterbühne wird die naturalistisch-räumliche Konfrontation mit dem Munot wegfallen, dafür wird sich die theatralische Dimension vorschieben. Die militärische Propaganda wird in der Kirche anders als im Konzertraum “auffallen”. Ebenso die Ode, die Poesie, die Hoffnung, die Ohnmacht, die Sehnsucht.
Das Thema Sicherheit wollte also nicht allein militärisch, kirchlich, musikalisch oder theatralisch angegangen werden, sondern sensibler und mehrschichtig nach der Orientierung des Menschen in seiner inneren militärischen, kirchlichen, musikalischen oder theatralischen Psyche, Interessenslage oder Wahrnehmungsfähigkeit. Sicherheit ist nicht eine Tatsache, nicht ein sicheres Kapital und auch nicht unveränderbar. Sicherheit verändert sich täglich, stündlich und mit jeder Begegnung, mit jeder Umstimmung der inneren Gefühlslage, mit jeder Kommunikation und Perspektive. Ein barscher Befehlston oder eine angenehm-freundschaftliche Stimme verändern die Sicherheitslage einer Person und damit das Sicherheitsbedürfnis einer Nation.
Das Programm “Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge” möchte verschiedene Seiten dieses Bedürfnisses skizzieren. Wir suchten verschiedene Facetten der persönlichen Sensibilität im Umgang mit dem Schutz- und Sicherheitsbedürfnis. Jede menschliche Erfahrung definiert wieder andere Bedürfnisse. Im offenen Krieg, im persönlichen Bunker, im aufklärenden Gespräch, im achtsamen Umgang mit Mitmenschen und Umwelt … und warum nicht: auch im härtesten und gleichzeitig friedvollsten Probenstadium eines Kulturprojektes, bauen wir uns unsere jeweils ganz individuellen Sicherheitsstrukturen. Einige Eckwerte, die wir uns für die Zusammenstellung dieses Programms vorgenommen haben sind genannt und werden mit der Auswahl der Aufführungsorte unterstrichen. Die einen konkurrenzieren die anderen, andere potenzieren sie. Sie sollen nebeneinander stehen können.
Das theaterforum.ch wurde gegründet, um die Kultur- und Kunstsparten mittels Theaterkommunikation nebeneinander anzuschauen und zu studieren. In der Vision werden diese Grundsätze festgehalten. Wir leben mit dem progressiven Definitionspotential unserer Arbeitsweise. Dass wir uns dieses Jahr mit dem Verein Sommertheater Schaffhausen zusammen gefunden haben ist als grosser Schritt zu betrachten: In einer Koproduktion gehen wir auch in der Umsetzung unserer Visionen weiter. Was sich vor uns auftut ist nicht “nur” ein Weg, es ist eher ein Platz. Unter Agoraphobie leiden wir nicht, vor grossen Plätzen schützen wir uns in der Erkundung ihrer Möglichkeiten und Dimensionen: friedvoll und aktiv, vor allem neugierig, herauszufinden wo die Zusammenhänge sind, wo die Grenzen.
Vor einigen Tagen ist ein kurzer Text von Nostradamus herausgestrichen worden, eine Vorsehung, die wir als mögliche Dimension der Erkundung haben wollten. Wir sind davon abgerückt, weil wir die Vorsehung zugunsten der Vorsicht aufgegeben haben: Bei richtiger Vorsehung, zum Beispiel einer Katastrophe, trifft die Katastrophe ein, richtige Vorsicht kann sie womöglich umgehen, umschiffen, umfahren, oder … spielerisch-leicht “um-singen”.
Gian Gianotti
30. Juli 2001
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Das Projekt und die Autoren
• Die Schweiz als Zufluchtsort oder Insel, empfangend oder abwehrend. Suche nach Schutz, Sicherheit und Identität in vier verschiedenen Strukturen zum Schutz des Lebens, des Geistes, der Erziehung, der Kultur.
Das theaterforum.ch Zürich präsentiert in Koproduktion mit dem Sommertheater Schaffhausen ein musikszenisches Programm mit Kompositionen von Hildegard von Bingen (Kyrie 69), Ludwig Senfl (Geistliche Lieder), Heinrich Schütz (Geistliche Chormusik) und Samuel Scheid (Cantiones sacrae) kontrapunktiert von Neukompositionen von Martin Derungs und Fabian Neuhaus. Textezur Suche nach Sicherheit und Geborgenheit aus literarischen und politischen Publikationen des 16. Jahrhunderts und der Gegenwart von Jürg Amann, Albert Bachmann, Hermann Broch, Luisa Famos, Erich Fried, Erich Fromm, Georges Grosjean, Henri Guisan, Karl Kraus, Heinrich Leuthold, Martin Luther, Gabriela Mistral, Friedrich Nietzsche, Arnold Ott, Pier Paolo Pasolini, Rainer Maria Rilke, Leonardo da Vinci.
• Eine dramaturgische Zusammenstellung zu den Liedern, Motetten und Neukompositionen.
Das Projekt wird szenisch für vier verschiedene Räume ortsspezifisch neu eingerichtet und gespielt. Der erste Ort ist der Munot in Schaffhausen, der zweite die reformierte Kirche in Uster, der dritte die Musikhochschule in Zürich und der vierte Ort das Theater Winterthur, am Stadtgarten. Jede Aufführungsserie gilt wieder als eine neue Einrichtung.
Munot Schaffhausen Der Munot in Schaffhausen, 500 Jahre nach dem Eintritt in die Eidgenossenschaft und kurz vor dem Ausbau der Festung am Emmersberg zum Munot. Mit dem Dreissigjährigen Krieg zog die erste wirklich grosse Konfrontation übers Land, gegen die mit der Festung Abwehrwille und –fähigkeit dokumentiert werden wollte. Hätten sich die Schaffhauser und die Eidgenossen damals wirklich verteidigen müssen, wäre der Bau, nach Plänen und Gedanken von Albrecht Dürer, bereits von der kriegerischen Technik überholt gewesen. Gedanklich und militärisch wurde die Einbunkerung damals und immer wieder definiert als: “Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge”.
Aufführungen: 12. August (Premiere)
16., 17., 19., 23., 24., 25., 26., 30., 31. August, 7., 8., 9. September
Reformierte Kirche Uster Die reformierte Kirche in Uster. Nach den ersten Präsentationen des Projektes in den Medien in Schaffhausen und in Zürich wurden wir von der Stadtpräsidentin und von der Kulturkommission Uster angefragt, ob das Projekt auch in ihrer Stadt aufgeführt werden könnte. Wir nahmen die Einladung gerne an. Dieser Raum hat historisch-politisch eine relevante Dimension in der Definition unserer ersten schweizerischen Demokratie. Auch das: “Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge”.
Aufführungen: 5. und 6. Oktober
Kulturgemeinschaft Uster, KGU .
Musikhochschule Zürich Die Musikhochschule Zürich, ein Haus der Ausbildung zur musikalischen Kunst, zurückschauend und vorwärtsdenkend. Das Projekt soll unter diesem Aspekt angeschaut und gehört werden. Das Haus als Institution steht musikalisch im europäischen und internationalen Kontext und Gespräch. Die Verständigung über die Sprach- und Kulturgrenzen wird täglich gelebt und angegangen. Europäische und/oder auch internationale “Konflikte” müssen hier verbal und affektiv begreifbar werden: “Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge”.
Aufführungen: 19. und 20 Oktober
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Theater Winterthur, Hauptbühne Das Theater Winterthur als Idee, Programm und Architektur. Theatralisch wird hier das Projekt nochmals definiert, der künstlerische Wert der Vorlage in der Distanz der Bühne nochmals angegangen. Das ganze Haus wird hier miteinbezogen. Das Theater allgemein und jenes in Winterthur als Gastspielhaus insbesondere besteht als Ort und als Idee nur im internationalen Dialog. Die Offenheit im Umgang mit kulturellen und künstlerischen Eigenheiten ist eine existentielle Grundbedingung für die Konfliktlösungen im Leben. In diesem ideellen Kunstraum soll dieses Thema nochmals gesehen und gehört werden. Auch hier also: “Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge”.
Aufführungen: 15. und 16. November
Theater Winterthur, am Stadtgarten
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Presse zum Projekt
Weisse Beflaggung am Munot!
Was tut sich da? Aus dem Inneren der Wehranlage ertönen seit einigen Tagen seltsame Klänge – und heute die Beflaggung in Weiss! Zeichen einer offenen Burg. Mit Theater und Musik wird hier das offizielle Kulturprogramm der Feierlichkeiten von SH-500 vorbereitet. Die weisse Beflaggung soll jetzt schon, 10 Tage vor der Premiere, darauf hinweisen.
Das offizielle Kulturprogramm trägt die sinnige Bezeichnung “Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge”. Zusammengestellt wurde es von Gian Gianotti (Idee und Regie) und Matthias Weilenmann (musikalische Leitung). Der Titel stammt aus einer Motette von Heinrich Schütz. Das musikszenische Programm mit Kompositionen von Hildegard von Bingen, Ludwig Senfl, Samuel Scheid und Heinrich Schütz wird kontrapunktiert durch Uraufführungen von Martin Derungs und Fabian Neuhaus. Eingewoben werden Texte zur Suche nach Sicherheit und Geborgenheit aus literarischen und politischen Publikationen des 16. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Beteiligt am Projekt sind 10 Musiker, 5 Sänger/innen und eine Schauspielerin aus Zürich und Basel sowie 16 Laienspieler/innen aus dem Raum Schaffhausen, die als Chor mitwirken. Für die Kostüme ist Barbara Wirz verantwortlich, für das Licht Rolf Derrer, für die Grafik Roger Staub.
Die Uraufführung dieses ganz besonderen Projektes findet am Sonntag 12. August statt. Es wird dann über das Feierwochenende hinaus als Schaffhauser Sommertheaterproduktion an weiteren 12 Abenden noch bis zum 9. September im Munot gespielt. Danach wird die Inszenierung neu eingerichtet für Aufführungen in Uster, Zürich und Winterthur. Gian Gianotti hat bereits vor drei Jahren für das Sommertheater Schaffhausen den Tell in der Stahlgiesserei mit grossem Erfolg inszeniert. Dieses Jahr hat er für sein Projekt diesen faszinierenden und symbolischen Ort gewählt. Man darf mehr als nur gespannt sein!
Eintrittskarten erhalten Sie beim Tourist Office Schaffhausen, 052 625 51 41 oder unterwww.theaterforum.ch
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Erster Premierenbericht: Montag 13. August 2001, SN Schaffhauser Nachrichten, Region
Texte, Klänge und knisternde Stille
Komplett ausverkauft war die Sommertheaterpremiere in der Munotkasematte gestern Abend: eine starke Inszenierung.
Begeisterte Gesichter nach der zweistündigen Aufführung, die alles andere als leichte Kost war. Ein wahrhaft würdiger Abschluss der 500-Jahr-Feier, die schon mit dem gewaltigen Feuerwerk am Samstagabend ihren Höhepunkt erreicht hatte. So riesig war der Aufmarsch gestern Abend zwar nicht mehr, aber die gut 300 Premierengäste auf den drei Tribünen zeigten keinerlei Ermüdungserscheinungen und klatschten das Ensemble mehrmals auf die Bühne. Unter den begeisterten Zuhörern waren der gesamte Regierungsrat und der Stadtrat – bis auf den Stadtpräsidenten, der verhindert war. Die musikalisch-szenische Collage, die Regisseur Gian Gianotti und der musikalische Leiter Matthias Weilenmann zusammengestellt haben, reicht vom «Kyrie» der Hildegard von Bingen bis zu modernen Klängen von Martin Derungs und Fabian Neuhaus. Die beiden Komponisten wurden heftig gefeiert, ebenso die Musiker des Theaterforums Zürich, die den Spannungsbogen stets auf hohem Niveau gehalten haben.
Einen idealeren Ort als die Kasematte als Klang- und Lichtraum hätte man sich kaum vorstellen können. Und Rolf Derrer, der das Gewölbe abwechselnd in kaltes blaues, dann wieder in warmgelbes Licht tauchte, schaffte damit nachträgliche Reminiszenzen an das Jahrhundertfeuerwerk am Samstag. Waren manche Besucher auf die anspruchsvolle Zusammenstellung mit Prosa und Lyrik aus einer Zeitspanne von fünf Jahrhunderten vorbereitet, liessen andere einfach Atmosphäre und Klänge auf sich wirken – mit all den Brüchen, die die Collage hat. Da wechseln sich harmonische Klänge eines Schütz, Scheidt oder Senfl mit den Dissonanzen der Komponisten aus der Gegenwart ab, und im Hintergrund agiert der Vokalchor mit 16 Laien in Kleidung und Filzhüten, die eine Mischung zwischen Mönchskutten und Wehrmännern darstellen (Kostüme: Barbara Wirz).
So wurde die Collage zu einem Exkurs durch Zeiten und Befindlichkeiten, die das Thema Schutz und Trutz, Flucht und Geborgenheit, Geschichte Realität und Utopie in eindringlichen Bildern darstellt. Die Berufsmusiker und Sänger sowie Sprecherin Monika Dierauer sind stets konzentriert ins Geschehen einbezogen und nutzen den Raum optimal. Wer hätte gedacht, dass sich die Kasematte so wunderbar als Konzertraum eignet? Die akustische Qualität war, da waren sich die Besucher einig, hervorragend, und als man am Schluss im Dunklen versank, herrschte knisternde Stille. Die Inszenierung zog selbst das Munotglöcklein mit ein, das Punkt neun zu läuten begann, und das stille Ende im «Kyrie» – so hatte es auch angefangen – setzte starke Eckpunkte, die von musikalischen Pfeilern auf höchstem Niveau gestützt wurden. Nach dem besinnlichen Ende gings zur Premierenfeier auf die mit Lampions beleuchtete Munotzinne, wo auch die Theaterbeiz stets vor und nach den Aufführungen zum Verweilen einlädt. Die roten und gelben Rosen haben die Mitwirkenden für ihre Leistung mehr als verdient. So wird der Munot, wie schon der Stücktitel sagt, zu einem «Hort, dahin ich immer fliehen möge». (E. F.)
Weitere Aufführungen am 16., 17., 19., 23.-26. und 30., 31. August sowie 7.-9. Sept. jeweils 20 Uhr. Sonntags 18 Uhr.
Komitee: Daniel Badilatti(Präs.), Aldo Pitsch, Arno Sulser, Nina Dazzi, Rico Parli, Gian Gianotti
Zum Inhalt
Gian Travers 1483-1563 (Zuoz), als Gelehrter, Humanist, Politiker, Militär, Diplomat, Schriftsteller, Theaterautor, Reformator.
Gründer der Romanischen Schriftsprache, Ladinisch. Gründer der ersten Lateinischen Schule in den Drei Bünden, Sankt Nicolai in Chur.
Gedenkfeierlichkeiten zum Millennium.
La svouta Freilichtspiel zur rätoromanischen Identität. Sehen Sie dazu: >>> La svouta, Programm – pdf 30 Seiten
Inhalt: 13 Daniel Badilatti, Bainvgnieus 14 Daniel Badilatti, Willkommen 15 Daniel Badilatti, Benvenuti 16 Program – Programm 18 Gian Gianotti, Far teater per Zuoz, perche?
10 Gian Gianotti, Theaterspiele in Zuoz, warum?
12 Aus der Vorrede zum Band V, Oberengadinisch der Rätoromanischen Chrestomathie
13 Jacques Guidon, Davart il töch
14 Jacques Guidon, Zum Stück
16 Gian Travers – cuorta biografia
17 Gian Travers – Kurze Biografie
18 Gian Travers – una breve biografia
19 Riassunt dal cuntgnieu
24 Zusammenfassung des Inhalts
29 Riassunto del contenuto
34 Rollas e giuveders – Rollen und Schauspieler
37 Donatuors – Sponsoren – Sponsuors
39 Comitè d’organisazioun – Ortganisations Komitee
Inscenaziun – Gian Gianotti
Szena – Roger Staub
Costüms – Madlaina Gmür
Musica – Martin Derungs Direcziun musicala – Albert Gaudenz
Glüm – Wilfried Potthoff, Theater Winterthur
Rollas e giuveders
Gian Travers 1, giuven chi ho stüdgio a l’ester, guvernatur, giurist – Rico Valär Gian Travers 2, linguist, chancelier da l’ovais-ch, magiurdom – Daniel Badilatti Gian Travers 3, umanist – Andri Fenner
Aurel 1, giuven famagl da Zuoz – Ludwig Magni Aurel 2, maun dret da Gian Travers – Gian Piero Parli Aurel 3, collavuratur critic da Gian Travers – Marco Gilly
Xandra 1, figlia illegittima dal preir da San Güerg – Pia Valär Xandra 2, duonna gnida a ster a Zuoz – Verena Valär Xandra 3, cumpogna da Gian Travers – Margrith Bott
Gada 1, giuvna da Zuoz, amia dals iffaunts – Anita Mischol Gada 2, giuvna antropofila – Verena Meuli-Buob
Burghard, servitur fidel da Gian Travers – René Müller Güstin, giuven da Zuoz, collavuratur da Gian Travers – Hansjörg Buob
Spejel etnologic – Maud Kobelt
Peter Bart Padrun, preir da San Luzi – Gianin Caviezel Custant Georgius, chaplaun a San Bastiaun e Sta. Chatrigna – Lench Nuotclà Nuot Giaclin, presbiter – GianMarchet Niggli
Raduolf Pernisch, umanist – Brosi Gilly Marcus Alpinus Tatius, umanist – Jon Candrian Philipp Galicius, refuormatur – Jost Falett Johannes Blasius, refuormatur – Jon Candrian
Ippolit von Salis, sindicatur da las Trais Lias – Daniel Ardüser Andreja de Planta, cuvih da Zuoz – Karl Klarer Jan Martign Raschèr, cuvih da Zuoz – Franz Waser
Dumeng Ambriesch, hom – Christian Meuli Göri Truesch, marangun – Roberto Zanetti Bram da Clo zop, giuven chavaller da soma – Hansjörg Buob Fadri Fadrella, chavaller da soma – Gian Piero Parli Duri Fuglüm, farrer – Peter Angelini Gian Arard, il müt – Arno Sulser
La Bua, il chirurg da champagna – Marco Gilly
Andraja Gialun, güdisch da pêsch – Gian Rudolf Caprez Il nuder – Gian Marchet Niggli Serviturs dal güdisch da pêsch – Peter Angelini, Brosi Gilly Göri Petsch, misteraun – Lench Nuotclà
Arman, giuven dit Poppel, giova Josef – Christian Meuli Biet, giuven dit Rabiz, giova Ruben, il frer da Josef – Rico Valär Lüzo, giuven dit Zizi, giova Zabulon, il frer da Josef – Michele Badilatti S-cher, giuven dit Muschna, giova il marchadaunt – Ludwig Magni Lücha, giuven dit Puina, giova Jacob, il bap da Josef – Brosi Gilly Giosuel, giuven dit Chazzot, ho banduno ils stüdis, giova Potiphar – Giachen Marugg
Mun, giuven dit Chuogl, giova il sudo da Potiphar – Rico Valär Fila, giuven, giova Mecha, la duonna da Potiphar – Peter Angelini Ri, giuven dit Patügl, giova Zahia, la chambrera da Mecha – Roberto Zanetti
Muna, giuvna – Anna Caprez Giosua, giuvna – Charlotte Schucan Ughetta, fulastera da derivaunza taliauna, amia dal mercenari Pol – Nicoletta Gassler Inglina, giuvna trista – Laura Meng Ligrezcha, duonna in led – Lilly Mischol Naina (Madlaina) duonna giuvna – Chatrina Willy
Güstina, collavuratura da Gian Travers, duonna chi so leger – Annemieke Buob Detta Nayra, veglia dischillusa – Anita Grundbacher Giogscha, veglia in dispitta cun Detta Nayra – Marlies Zuber Giogscha, duonna – Edith Müller
Iffaunts gruppa 1 Alesch – Christof Buob Baldin Petsch – Michele Badilatti Tati – Peder Sulser mat – Aligi Badilatti Mina – Martina Sigrist Turitea – Nadia Federspiel Una – Romina Sigrist matta – Carmen Federspiel matta – Marina Hosang
Iffaunts, gruppa 2
Alesch – Ursin Gilli Baldin Petsch – Dumeng Bezzola Tati – Tino Schlumpf mat – Andreia Bezzola Mina – Caterina Patentalakis Turitea – Flurina Bezzola Una – Aita Sulser matta – Nadine Camichel matta – Marianna Patentalakis matta – Claudia Zanetti
Homens da Zuoz Daniel Ardüser, Daniel Badilatti, Gian Rudolf Caprez, Marco Gilly, Gian Marchet Niggli, Lench Nuotclà, Gian Piero Parli
Giuvnas da Zuoz
Anna Caprez, Laura Meng, Anita Mischol, Seraina Nuotclà, Ursina Patentalakis, Charlotte Schucan, Pia Valär, Sabina Wyss
Roger Staub
Ausstattung Grafiker. Verschiedene Ausstattungen, zuletzt beim TIF Theater im Fass, Momoll Jugendclub und Sommertheater in Schaffhausen und Ausstattungsassistenzen, zuletzt im Theater Basel, beim Schaffhauser Sommertheater 1998 TELL und bei Marc Deggeler in Berlin / Prag (Schweizer Beitrag an der Quadriennale).
Gianni Secchi
Bauten, Architekt in Zuoz. Umsetzung der Modelle, Arbeitsvergaben und Bauüberwachungen.
Gudensch Mischol
Gemeindevorarbeiter Zuoz. Koordination und Leitung der baulichen und verkehrstechnischen Gemeindeleistungen.
Madlaina Gmür
Kostümbildnerin. Verschiedene Ausstattungen zuletzt in Florenz und Sondrio.
Monica Merz
Textildesignerin, Privat wohnhaft in Zuoz, Leitung des Kostümateliers.
Martin Derungs
Musiker und Komponist, Zürich. Komposition Lieder und Rhythmen,
Albert Gaudenz
Chor- und Musikleiter, Lehrer in Zuoz.
Jacques Guidon
Autor, Kunstmaler. Ehemals Sekundarlehrer und Kulturbeauftragter der Lia Rumantscha. Verschiedene Publikationen, Theaterstücke und eigene Inszenierungen.
Rico Parli
Theolog, ehem. reformierter Pfarrer in Zuoz. Dramaturgische Beratung.
Es ist etwas eigenes um Theater-spiele, in denen Dorfgemeinschaffen aus ihrer eigenen Geschichte schöpfen: nicht zuletzt entdecken sie dabei ihre Gegenwart. «La svouta» («Die Wende») von Jacques Guidon, gespielt auf dem Schulhausplatz von Zuoz in der Inszenierung von Gian Gianotti, gilt vordergründig Gian Travers, dem Schöpfer der ladinischen Schriftsprache, und seinem Lebensweg zum Reformator.
Ich finde es immer wieder spannend, über eine Aufführung nachzudenken, von der ich – fast ohne Ausnahme – kein Wort verstanden habe, weil mir die Sprache, in der gespielt wird, fremd ist. Im Publikum zu sitzen, mich von ihm in die Aufführung tragen zu lassen, ist eines – aber die Verarbeitung ist nicht so einfach, auch wenn das Programmheft Texte, Inhaltsangaben und Zusammenfassungen auch in Sprachen enthält, die ich verstehe. Das hilft – aber das Verstehen ist oft indirekt.
Roger Staub hat auf den Platz eine Bühne in Form von gewölbten Hügeln aus Brettern gestellt, eine Art Landschaft, aus deren Untergrund immer wieder Geräusche zu hören sind: da bewegt sich untergründig nicht wenig – zu erkennen ist es nur indirekt. Bevölkert wird diese Szene von Dutzenden von Kindern, Frauen und Männern – wobei die Reihenfolge nicht zu Wertungen verführen soll. Gerade die Kinder zeigen viel Hintergründiges, demonstrieren mit ihren Spielen Einordnung und Ausgrenzung, die gesellschaftlichen Voraussetzungen, in denen Travers vom jungen Mann, der auszieht, sich zu bilden, bis zur Vaterfigur für die ganze Landschaft sich entwickelt. Gian Gianotti lässt ihn von drei Akteuren unterschiedlichen Alters spielen – wobei diese Rollenträger sich offen ablösen: irgendwo steht schon der Mann, wenn der Jüngling zurückkommt, und wenn dieses Stadium erfüllt ist, steht längst der Alte bereit. Nicht nur das: jedes dieser «Alter» ordnet sich wieder in das Volk ein, aus dem es hervorgetreten ist – ein schön inszenierter Wandel.
Denn auch dieser Travers ist, in welchem Alter auch immer eine Figur unter vielen – und diese Vielen sind, Kinder, Frauen und Männer, subtil detailliert nicht nur in ihrem sorgfältig choreographierten gemeinsamen Auftreten, sondern auch als einzelne Charaktere – und beileibe nicht bloss über ihre (im übrigen durchwegs überzeugend sorgfältig artikulierte) Sprache – sonst hätte ich diese Differenzierung ja nicht mitbekommen können.
Klänge spielen in dieser Aufführung eine wichtige Rolle: Schläge, die aus dem Untergrund Handwerk suggerieren, Geräusche marschierender Füsse in hohen Schuhen – und nicht zuletzt die von Martin Derungs komponierten gesungenen Chöre. Exzellent in der subtilen Charakterisierung auch die Kostüme von Madlaina Barsanti-Gmür: durchwegs grau in grau gehalten beim Volk, kontrastiert durch schwarze Anzüge und farbige Kravatten bei den Honoratioren.
Inszenierung – Gian Gianotti
Ausstattung und Kostüme – Ruth Schürmann
Musik – stephan diethelm Projektleitung – Maggi ImfeldundThomy Büchler, Luzerner Spielleute
Videos – Hans Eggenmann(Eggenmann&Eichenberger)
Grafik – Bruno Imfeld
Produktionsleitung – Magge Imfeld
Produktion – Peter Albisser, Thomy Büchler, Beat Fessler, Werner Meier
Ton / Licht – Bäni Brun, Bruno Gisler
Bauten – Peter Albisser, Urs Bättig, Thomy Büchler, Philipp Gassmann, Rachel Röthlin, Beat Strasser, Peter Zumstein
Kunst und Kultur nach der Schliessung des Zentralgefängnisses Luzern, 1998
MattoMatto, ein Schauspiel von Paul Steinmann nach Friedrich Glauser – Regie Gian Gianotti, ab 15. Oktober ZeitZellen, Installierte Zellen zum Theater-Thema von Luzerner Kunstschaffenden – Koordination Ruth Schürmann, ab 16. Oktober
Darsteller/innen der Luzerner Spielleute 1998:
Annelies Meier
Bear Ramiq
Beat Reichlin
Beat Strasser
Bruno Ruegge
Daniel H. Huber
Francesca Marchioro
Heike Freiesleben
Katja Christen
Marcel Gabriel
Marcel Geisser
Marie Therese Wunderlin
Markus Oehen
Peter Zumstein
Philippe Gassmann
Rachel Röthlin
Rita Maeder
Sabina Knobel Sandra Wüthrich
Silvia Bachmann
Susanne Ruckstuhl
Urs Bättig
Beat Mazenauer/Hubert Hofmann Beat Reichlin Bernhard Egli Christoph Rütimann Claudia di Gallo Daniel Amhof Gertrud Künzli Heinz Gadient Irene Naef Jan Schacher Karin Gemperle/Stephan Wicki Karin Stettler Maya Prachoinig Nicole Henning Pia Gisler Theo Schärer
Zum Inhalt des Romans
Eine Irrenanstalt im Kanton Bern in der zwanziger Jahren. Der Direktor ist verschwunden, der Patient Pieterlen, ein Kindsmörder, ausgebrochen. Wachtmeister Studer blickt hinter die Kulissen psychiatrischer Theorien und Therapien. Er versucht nicht nur, einem Verbrechen auf die Spur zu kommen, sondern tritt auch eine Reise in die Grenzregionen von Vernunft und Irrationalität an, die keineswegs immer so klar zu trennen sind – Matto, der Geist des Wahnsinns, regiert und spinnt seine silbernen Fäden …
Paul Steinmann hat daraus für die Luzerner Spielleute eine theatralische Szenenfolge zusammengestellt, die einen Einblick in die Thematik des Romans und in den Aufführungsort erlaubt. Dem Zuschauer wird die (passive) Optik des Wachtmeister Studer überlassen. Die Theaterkonzeption wurde im Gespräch mit stephan diethelm (Musik) und Gian Gianotti (Regie) nach der Vorgabe des Spielortes erarbeitet.
Das Theater-Programm: >>> MattoMatto – pdf 16 Seiten
Die Kunstausstellungen: >>> ZeitZellen– pdf 20 seiten
Zum Inhalt, als Verneigung vor dem Basis-Roman >>> Friedrich Glauser, Matto regiert – pdf 2 Seiten
(Auftritt Schweiz, Pro Helvetia)