Nachruf Mathias Gnädinger

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Am Schluss von “Wilhelm Tell hat traurige Augen” von Alfonso Sastre erzählen sich Wilhelm und Hedwig von der Vision, wie es auch hätte ausgehen können … das mit der Freiheit, … mit der Macht im Land … und skizzieren die Gedanken, die Schiller vorgeschlagen hatte, so, wie die Populisten es dann später zum Mythos erklären könnten/würden.

Für Mathias war diese eine Schlüsselstelle – dahin musste der Abend führen. Das war die Kraft seiner Figur zwischen Realität und Vorstellung: Es hätte auch anders ausgehen können – immer und immer wieder sollte alles auch anders ausgehen können. Darauf wollte er sich vorbereiten mit den Proben und dann auch mit den Vorstellungen: für das Unplanbare offen sein. So könnte er seinen/unseren Wilhelm Tell vielleicht angehen, dachte er: menschlich nachvollziehbar. Als Alternative zum Mythos.

Der Traum ist ihm immer wieder aufgegangen, ich habe ihn so offen, neugierig und bereit erlebt – damals, pendelnd zwischen Schaffhausen und Berlin. Ein Bein da als Tell in der Stahlgiesserei, das andere dort als Onkel Vanja in der Schaubühnen-Inszenierung von Andrea Breth. Ein Suchender mit einem Traum von Geborgenheit als Ziel: eine Alternative zum Mythos, menschlich und nachvollziehbar: hier und dort.

 

 

Beitrag auf Anfrage der Schaffhauser Nachrichten, 11. April 2015:
Erinnerungen an Mathias Gnädinger

Der Tod von Mathias Gnädinger kam für mich überraschend.
Was bleibt, sind seine dokumentierten Rollen und die zahllosen Erinnerungen der Menschen, die ihm begegnet sind und das Glück hatten, ihn kennenlernen zu dürfen.

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