Das Gespräch zum Projekt DON PASQUALE

Das Gespräch zum Projekt Donizetti und  Don Pasquale  an der Staatsoper Rousse.
Geführt am 11. und am 13. Oktober 2007

mit Iwan Iwanov

 

Guten Tag Herr Gianotti, Danke, dass wir das Gespräch von Sofia weiterführen können, diesmal in Rousse und im Rahmen Ihrer zweiten Inszenierung in Bulgarien, den Don Pasquale. Warum haben wir die Ehre, was hat Sie wieder zu uns geführt.

Damals hatte Nayden Todorov gerade die Intendanz hier in Rousse bekommen und er plante Änderungen in der Definition des hiesigen Musiktheaters überhaupt. Er hatte einige Vorstellungen gesehen, das Haus, das Personal und die Struktur kennen gelernt und kam voll Tatendrang aber auch Fragen zurück nach Sofia zu den Endproben. Es war nicht leicht für ihn, er musste sich tüchtig in die Nesseln setzen, um das auch nur anzugehen, was er erreichen wollte. Ich konnte meine Direktions- Erfahrungen in die Gespräche einfliessen lassen und er kombinierte sie mit seinen Erfahrungen in Bulgarien. Mit dem Abschluss der Italiana war auch für ihn der Wunsch klar, dass er mich möglichst bald nach Rousse einladen wollte. Der Erfolg dort und dann auch später mit den Gastspielen in der Schweiz war ja so einhellig …

Oh, da gab es doch unterschiedliche Meinungen …

Gab es das? Ich kann mich nicht daran erinnern! Seufzer gab es und langes Stöhnen, dass man fürs Theater so krampfen muss, und dass eine leichte Buffa so anstrengend zu machen sei. Es gab unterschiedliche Charaktere, die sich unterschiedlich sicher fühlten, Machtkämpfe provozierten und Seilschaften eingingen – das hatte aber wenig mit mir zu tun. Aber im Allgemeinen haben alle die Qualität gemerkt und geschätzt.

Ja?

Klar! Sogar Borislaw Ivanov der Intendant in Sofia – er hat dann auch die ersten Vorstellungen in der Schweiz begleitet – er hatte seine liebe Mühe mit uns, vor allem weil er Nayden in seinem Haus akzeptieren musste. Das hätte er gerne verhindert, aber am Schluss beim Auseinandergehen nach den ersten drei Vorstellungen in Winterthur sagte er zu mir in einem sehr bewusst vorbereiteten Statement auf deutsch (er hatte ja auch längere Zeit in der DDR gearbeitet) ” … ich habe viel Theater gesehen in meinem Leben und ich weiss was gutes Theater ist, und das ist sehr, sehr gutes” und er bedankte sich bei mir! Das hat mich fast aus den Socken gehauen, aber natürlich auch gefreut. Und das nach all den Schwierigkeiten, die er uns während der Proben gemacht hatte … Dann die Reaktion des Publikums, Sie haben ja gesehen: stehende Ovationen! Und man hatte mir gesagt, ich soll ja nicht zu viel erwarten, die Sofioter seien sehr anspruchsvoll und reserviert. Stehender Applaus! Wir haben das fast per Zufall sogar aufgenommen, wir liessen eine Aufnahme aus der letzten Reihe laufen und plötzlich sieht man nur noch Rücken. Die Meinungen sofort danach waren einhellig: “endlich wieder städtisches Theater in Sofia, grosses und einer europäischen Hauptstadt würdig”.

Und dabei war Bulgarien noch gar nicht in der EU …

Nein, aber der Countdown lief nicht nur auf dem Platz vor dem Parlament.

Und jetzt in Rousse, in Bulgarien in der EU … was ist anders?

Nicht viel, kaum etwas, Rousse ist aber nicht Sofia, und wir sind jetzt 18 Monate später. Es ist kaum etwas wirklich anders auch wenn Nayden sicher sehr viel im Haus verändert hat. Er hat Personalveränderungen vorgenommen, Sponsoren gewonnen, Investitionen getätigt aber es bleibt noch so viel zu tun … Was auffällt ist die Skepsis, dass man überhaupt etwas machen, verändern und vielleicht sogar erreichen kann. Man beobachtet viele Wartehaltungen, ob das jetzt nun wirklich die Wende ist oder die bessere Zukunft … Das ist wie vor einer normalen Premiere, eine gewisse Unsicherheit ist immer vorhanden. Bei der Politik hat eine solche Entwicklung andere Dimensionen und Konsequenzen als im Theater, es dauert auch etwas länger bis man Konkretes sieht.

Vertröstung?

Es ist schon fast wunderbar wie Sie Ihren rotzigen Stil beibehalten haben, sind Sie wirklich so skeptisch?

Sind Sie es nicht, Europa gegenüber?

Doch, und das hat natürlich Parallelen … ein Schritt nach dem anderen … aber sich nur auf die Seite stellen und abwarten, ob etwas wird daraus, ist auch nicht richtig. Auch nur abwarten ob sich ein Beitritt vielleicht “lohnt”, wie es bis jetzt die Mehrheiten in der schweizerischen Politik getan haben, ist nicht besser. Das sind so diese latenten Nörgler und ständige Besserwisser, die eigentlich immer nur warten: auf den Erfolg, um sagen zu können sie seien ja nie dagegen gewesen, auf den Misserfolg, um sagen zu können, dass sie doch nie daran geglaubt hatten. Sie sind die ersten, die im positiven Fall profitieren wollen aber einen Einsatz wollen sie nicht leisten, und sie ziehen Profit auch aus dem schlechtesten Fall. Die Haltungslosigkeit wird hier prämiiert. So kann weder eine Produktion noch eine Zukunft gestaltet werden. Sich aussen bei zu halten und dann bei Erfolg mitfeiern wollen, das ist nicht legitim. Es ist leider sehr menschlich, fair ist es aber nicht.

Ist das der Charakter der Leute hier?

Nein, ganz absolut nicht. Es gibt Leute hier wie dort, die eine ganz andere Haltung haben, sich fragen was sie wollen und dann auch danach handeln und danach streben. Oder sich im Gang der Dinge überzeugen lassen und mitziehen. Das gelobte Land abwarten, und den Karren in der Wüste nicht anschieben ist zu billig. Dieser Charakter ist hier wie in der Schweiz verbreitet, dass er aber ein Charakterzug der Bulgaren oder der Schweizer sein sollte … nein da würde man grob verallgemeinern. Nayden ist zum Beispiel auch Bulgare, ich bin Schweizer und ich kenne andere da und dort. Hier in Rousse habe ich Techniker, Choristen und Leute in der Verwaltung, die Solisten sowieso, die sich sehr, sehr positiv in dieses Projekt eingebracht haben, so wird es auch auf der anderen Ebene sein.

Kunststück, Sie haben ja auch die Ausstattung gemacht neben der Regie, Sie können die Produktion in die Schweiz einladen, so konnten Sie Druck ausüben.

Gar kein Druck, nur tat manchmal eine Einladung gut, doch auch anders zu versuchen als sie es sonst immer machten. Mal abwarten und eine volle leere Bühne erleben … Wenn man seit jeher nur Theater in schweren Kulissen gesehen hat, dann erwartet man keine Leichtigkeit des Spiels als die tragende Optik. Die Tapeziererin zum Beispiel eine wunderbare ältere Frau, die kaum über die Grenzen von Rousse wird hinausgekommen sein: wunderbar seriös und zuverlässig, bereit und offen! Die Maler und die Mitarbeiterin der Requisite beispielhaft auch für unsere Häuser. Es lag eine enorme Tatenlosigkeit im Raum als ich zur ersten Ausstattungssitzung in den Malersaal kam, aber als dann endlich der Teppich aus Plovdiv kam, da gingen sie an die Arbeit wie die Ameisen, schnitten zu, säumten ab, klebten die Schaummatten ein, nähten ihn zusammen, rasterten den Teppich mit Schnüren ein, übernahmen meine Zeichnungen und zum nächsten Termin war der Teppich trocken und einsatzbereit auf der Bühne ausgelegt. Da mussten nur noch die neuen Zugstangen gemalt werden. Das gleiche konnte ich mit der Realisierung der Kostüme erleben, und dann auch mit der Einrichtung der Bühne, der Beleuchtung. Bei konkreten Arbeiten konnten sich viele am Konkreten festhalten und über den Rest schmunzeln, aber bei den Spielformen, die eher visionär sind in einem Anfangsstadium, da war schon eine gewisse Irritation vorhanden. Mit dieser Doppelfunktion konnte ich die Möglichkeiten besser nutzen ohne als Erstes, Fremdes aufzupfropfen. Sähe man diese Arbeitsweise und -­kultur nicht von Innen, würde man sehr wahrscheinlich eher aus der eigenen Erfahrung heraus bestimmen und die Leute dadurch demotivieren. Ich denke, dass erst ein solches Arbeiten, Energien und Perspektiven auslösen kann.

War das Ihre Aufgabe?

Das ist immer meine Aufgabe, bei jedem Projekt: Animation, Motivation. Ohne läuft man auf, erlebt Bruchlandungen oder muss diktatorische Strapazen auf sich nehmen, Diktat verlangt auch ständige, frontale Kontrolle usw.. Wir haben uns gefragt, Nayden und ich, was wir hier und jetzt machen sollten und wir entschieden uns für das neue Theater aber in nachvollziehbaren Schritten. Mit der Regie habe ich dann das Tempo und die Schrittlänge angegeben.

Morgen Premiere, ist der Weg für Sie aufgegangen?

Ja, so oder so. Wie die Vorstellung angenommen wird beim Publikum, bei der Kritik und dann von den Skeptikern, es gibt sie  nach wie vor, weiss ich natürlich nicht, aber die Arbeit stimmt in sich. Wenn jemand nur etwas Theaterfantasie hat und einige Theaterbilder lesen kann dann sollte das mehr als nur funktionieren. Die Theatersprache ist für Rousse vielleicht neu, so hat man es mir zumindest gesagt, für Bulgarien auch, für Sofia weiss ich nicht. Eine leere Bühne als Spielfläche … Ein Teppich im Licht als einzige Einrichtung ist zugegebenermassen nicht gerade plüschig. Dann die Figuren der Commedia dell’Arte mit ihren Kostümen und Farben und die Masken als Körperhaltung (ohne Gesichtsmasken wegen des Singens) und mit ihrem Spiel … das ist für mich Ausstattung genug und ich denke, dass das nun allmählich auch überzeugen könnte, ohne dass wieder die Frage auftauchen sollte, ob wir hier sehr haben sparen müssen. Das ist immer so mühsam, auch beleidigend.

Sie verlangen sehr viel vom Publikum, von den Beteiligten.

… ich habe noch nie darüber nachgedacht, aber vielleicht verlange ich wirklich viel, indem ich sehr wenig verlange. Es gibt viele, die mit dem Freiraum nichts anfangen können und ihn als Zeichen der Beliebigkeit deuten. Das wird aber hier alles anders sein, da muss das Spiel überzeugen können, eine solche Energie muss hinüberschwappen. Ich freue mich darauf. Das Publikum muss in der Spannung des Abends richtig zappelig werden, das Stück ist so gut, so gut gebaut, es hat so gute und richtig schöne, vielschichtige Musik darin, so quirlig mechanisch und dann wieder so abgrundtief traurig und ehrlich, das muss packen.

Wir lassen uns anstecken … und freuen uns darauf.

Danke.

 

Das Gespräch war zweiteilig geplant, vor und nach der Premiere in Rousse, Iwan Iwanov hatte vor dem ersten Gespräch noch keine Probe besucht.

 

So, wiederum guten Tag, wir führen das Gespräch von vorgestern fort … es ist einiges gegangen in diesen Stunden, darf man gratulieren? Sie haben die Leute wirklich aus den Sesseln gerissen. Etwas über 600 Personen haben die Premiere gesehen, ein volles Haus – war es eigentlich ausverkauft?

Nein, es gab noch einige Anstandsplätze, die leer blieben, vielleicht 5, jedenfalls keine 10. Man hätte diese selber aufkaufen müssen, aber daran denkt man immer erst später.

Die ersten Meinungen sind gemacht, das Publikum hat sich geäussert, es gibt bereits drei Chatmeinungen, wie schätzen Sie das ein?

Ein voller Erfolg. Sicher ungewöhnlich für viele im Publikum, aber die haben sich darauf eingelassen und den Abend genossen. Die Gratulationen aus dem Publikum fingen bereits vor der Pause an, so viele nickten mir zu und lächelten (in der Premiere sitze ich gerne im Publikum) und gaben immer wieder Szenenapplaus. So viele offene und fröhliche Gesichter. Und auf der Bühne waren sie voll begeistert von den Reaktionen des Publikums. Der Schlussapplaus wollte nicht aufhören, plötzlich fand ich mich alleine mit Nayden an der Hand an der Rampe vorne, und es applaudierte von überall her, vom Saal und auch hinter uns klatschten die Solisten und die Choristen, die waren hinten geblieben. Das habe ich noch nie so erlebt. Richtig schön. Danke.

Und dann die Premierenfeier …

Ja, die wollte ich unbedingt haben, im oberen Foyer, mit offenen Vorhängen und Fenstern, mit Apéro und Getränken, mit geöffneter Foyerterrasse. Das gab es seit 20 Jahren nicht mehr, hat man mir gesagt. Höchste Zeit also. Das war wirklich schön …

Sie sind ja richtig begeistert …

Ja klar, sind Sie es nicht? wären Sie es nicht?

Klar, ich bin froh, dabei gewesen zu sein. Die Leistung der Solisten, auch des Chores, des Orchesters, das Licht … wirklich sehr schön. Schön wie die Arbeit angekommen ist … sie ist neu, man hat das Neue genossen. Dazu finde ich diese Arbeit über das Schöne und Gute hinaus auch noch nötig. Sie war nötig in dieser Form – sie ist nötig im Opernbetrieb in Bulgarien, nicht nur in Rousse. Dafür verdienen Sie Dank.

“Blagodoria” dafür! … das ist eines der wenigen Wörter, die ich inzwischen gelernt habe. Freut mich. Und das ist genau die Würdigung, die im Chat geäussert wird: neue Form der Oper, des Musiktheaters, wichtig für Bulgarien … dieser Don Pasquale ist noch besser angekommen als damals die Italiana in Sofia. Jetzt kriecht bei mir die Müdigkeit hervor, aber ich bin glücklich hier zu sein, hier gewesen zu sein. Und die Beteiligten sind auch überglücklich. Mehr kann man sich gar nicht wünschen.

Ich möchte die Würdigung so stehen lassen und die Arbeit auch etwas kritischer anschauen, dürfen wir das? Mögen Sie das? … wo fangen wir an … Sie haben mit der Commedia dell’Arte gearbeitet, das hatten Sie gesagt, dazu mit sehr reduzierter Ausstattung, das leuchtet ein, Sie haben aber auch ins Stück eingegriffen, in die Szenenabfolge, wie auch schon in der Italiana … darüber möchte ich gerne reden.

Eine Inszenierung ist jedes Mal auch ein Eingriff in eine Vorlage, ein reines Nacherzählen eines Stückes ist nicht die Aufgabe des lebendigen Theaters, finde ich eigentlich gar nicht nötig. Dieser Don Pasquale sollte unsere Sicht auf dieses Stück zeigen und nicht ein x-beliebiger sein. Inszenieren heisst deuten. Dirigieren übrigens auch, und das hat Nayden sehr wohl in der Hand, er kommt immer mehr auf den Geschmack. Und die Beteiligten haben es auch gemerkt, dass Theater nicht etwas Objektives ist, sein kann. Künstler müssen nach Individualität schreien können, sonst werden sie beliebig – und das wäre das Schlimmste, das man der Kunst vorwerfen könnte.

Sie reden jetzt von Kunst … könnten wir davor noch von Ihren Eingriffen reden, Ihre oder Nayden Todorovs seine?

Ja, die gehören dazu, die sind unabdingbare Bestandteile der Inszenierungsarbeit – und mit Nayden sind sie natürlich besprochen und dann probiert worden bis sie zu unserem Ansatz wurden. Irritiert haben sie uns alle in der Arbeitsphase, da waren wir alle auch skeptisch … das gehört mit dazu. Wir wollten die Buffa realisieren und die Musik hat sehr gut mitgemacht, wir wurden von ihr regelrecht dahin getragen. Diese Oper könnte man ohne Pause spielen, ich finde aber eine Pause in einem Abend keine schlechte Einrichtung, das habe ich mit den Jahren in Winterthur gelernt. Mir warf man anfänglich sogar vor, ich lade nur Stücke ohne Pause ein, um den Umsatz im Restaurant zu vermiesen … mir war sie nie so wichtig, und ich musste einsehen, vielleicht mit dem Alter, dass man sich mit einem guten Unterbruch wieder besser in den Schluss hineinbegeben kann. Dabei müssen die Längen aber einen gewissen Rhythmus und Informationsstand respektieren und bedienen, und nicht nur nach 60 Minuten oder 90 oder 45 Minuten, weil es so sein muss. Es gibt Bögen, die auch zwei Stunden und mehr aushalten (denken wir an Wagner), aber danach muss ein zweiter Bogen bis zum dritten oder bis zum Schluss auch wieder zum Tragen kommen. Ein zweiter Teil von nur 15 Minuten nach einem ersten Bogen von zwei Stunden wäre schon sehr eigenwillig und müsste sich enorm gut begründen, eine Explosion an Kraft und Änderung zum Beispiel und dann fertig. Das habe ich noch nie gesehen, das müsste ich mal probieren, vielleicht gibt es das. Ich habe einmal ein Stück gesehen mit einer Pause nach 3 Minuten, das war ein Gag … aber ein Gag trägt nur bis zur nächsten Ernsthaftigkeit, und dann zeigt es sich, ob er begründet war.

Zu uns jetzt …

Ja. Entschuldigung … die Pause im Don Pasquale wird wenn schon dann nach dem zweiten Akt gemacht, so wurde sie jedenfalls nach den Regeln komponiert, mit der Stretta und so. Die 30 Minuten nach einem ersten Teil von 90 fand ich nicht sehr gut proportioniert, aber wann kann man früher eine derart dominante Unterbrechung wie eine Pause diktieren? Da bin ich auf die Idee gekommen, dass wir eine erste Explosion organisieren könnten vor der allgemein bekannten nach der Heirat, wo Norina zum Biest mutiert (aber auch hier weiss ich nicht was mehr Biest ist, sie im falschen Spiel oder sie im Spielcharakter, “mi piace scherzare”). Man erzähl im Leben immer wieder von den “schönen Dingen”, die einem so passiert sind, Jugend, erste Verliebung, Heirat … die Heirat ist dabei ein sehr beliebtes Thema, Fotos von vorne und von hinten, ganze Industriezweige haben sich daran gehängt, das Schöne und Wichtige nochmals erleben zu lassen. Und alle müssen immer wieder herhalten und gute Mine zeigen als sei der Witz noch nie erzählt worden. So ist die Idee entstanden, die Notarszene in die Schleife zu nehmen, sie ab absurdum zu führen und die Brillanz der Solisten (als Witz) ins Zentrum zu rücken – durch die Wiederholung zerfleddert sich die Szene aber das Spiel bleibt total kontrolliert, die Musik bleibt “extemporiert” (das Wort hier jetzt endlich einmal in der zeitlichen Dimension verwendet!) aber trotzdem exakt. Vielleicht nicht nach jedem musikalischen Gusto und so wiederholen wir nach der Pause nochmals die Szene von einem möglichen Anfang damit man in den Genuss der richtigen Musik kommen kann, ohne Witz. Die nächste Explosion kommt dann unmittelbar. Und dann geht es Schlag auf Schlag bis zur Serenata, zum Liebesduett und zum Schluss. Die Stretta am Schluss des zweiten Aktes dient somit der Beschleunigung für die Dienerszene und nicht für eine spannungssteigernde Hinausbeförderung des Publikums in die Pause, wie es die Tradition eventuell haben möchte. Und so fängt es nicht nach einer Pause mit einem Recitativo accompagnato an, um dann in die Dienerszene zu gelangen. Die Dynamik ist so besser verteilt finde ich, und ich denke, dass mir Donizetti Recht gibt. Jedenfalls gab es nach der ersten Dienerszene, nach dem “I damanti presto presto” einen schönen Szenenapplaus, eine richtige Überraschungsexplosion. Das hat mich gefreut, und uns in der Richtigkeit bestätigt.

Überhaupt die Tradition …

Ja die Tradition … genau, darüber gibt es natürlich auch zu reden. Auch Donizetti hatte mit der Tradition seine Erfahrungen und er wollte bei dieser Oper, die leider seine letzte bleiben sollte, mit den Gewohnheiten und Starallüren der “Künstler/innen”, Primadonnen und so, ganz schön brechen. Und mit jenen des Publikum gerade auch noch. Das hat sich bei ihm als Bumerang gezeigt und er musste Kompromisse und Bücklinge machen, die wir hier nicht machen mussten. Das Publikum wollte Vergangenheit sehen, er musste sie ihm geben, es wollte Kostüme und Perücken, dasselbe, es wollte Belcanto, und auch das musste er nochmals in der Form der Tradition geben. Ich bin überzeugt, Donizetti hätte seine schöne Freude daran, vielleicht ist das die eigentliche Uraufführung dieser Oper. Jetzt nehme ich das Maul etwas zu voll, aber ich habe einige Inszenierungen von mehreren Häusern und Regisseur/innen gesehen und vielleicht hat es jemand schon anders probiert … das Stück war in meinen Augen und Ohren aber noch nie wirklich interessant, nötig – die Spielvorlage, das Thema ja, die waren mir immer interessanter als die Realisierung, meistens waren die Vorstellungen langweilig und affektiert, im besten Fall war es gefühlskitschig. Da trafen uns Nayden und ich wieder ganz gut, er fand Donizetti ziemlich unspannend als Komponist und setzte dieses Stück in einer früheren Inszenierung hier in Rousse ab. Jetzt hat er seine schöne Freude daran, schauen Sie ihn an.

Was ist anders?

Anders ist, dass wir Donizetti ernst genommen haben, beim Wort, bei jeder Note ernst. Und dass wir die Gewohnheiten hinterfragt haben, ich würde gerne “sämtliche Gewohnheiten” sagen, aber sehr wahrscheinlich hat es noch all zu viele solche, noch gar nicht erahnte Fallen drin, ich fürchte und denke, dass man noch viel weiter gehen könnte. Wir hatten es als Grundwunsch so formuliert, dass wir diese Oper schlank nehmen wollen, keine gestützten Noten, getragenen und eingeschleiften Affektiertheiten, übermässigen Fermaten, ebenso die traditionellen Striche. Nein, alles das weg. Er hat es dann bei den musikalischen Vorbereitungsproben versucht und als ich kam war es sehr durchmischt. Wo es richtig war hörte man neue Musik und so musste ich die Messlatte nochmals höher setzen: alle weg, und nur dort wo der Kitsch gesucht und inszeniert werden konnte da sollten sie auch ganz breit zum Tragen kommen. Das wurde zum Prinzip erklärt und unsere Solisten haben sich da ereifert. Denen ist das nicht mehr auszutreiben: Donizetti pur, als wäre er Mozart. Wir sind glücklich, und schon auch stolz.

Neu für uns ist auch die leere Bühne, Sie kommen da ganz ohne Ausstattung aus. Macht man das in der Schweiz und in Deutschland immer wieder so? Mir gefällt es und dem Publikum hat es, wie es scheint, auch gefallen, aber vielleicht könnte es auch irritieren.

Ja “ohne Ausstattung” … wir haben eine Bühne voll Spiel, das ist doch die beste Ausstattung, finden Sie nicht? Oder warum reden wir von Ausstattung? Es geht doch um Theater, und um die dafür nötige Umgebung, nicht um Ausstattung und das darin mögliche Spiel.

Ja das leuchtet ein, was ist zuerst …

Ja, was ist im Dienste wovon. Als Ausstatter möchte ich kein Innendekorateur sein sondern ein befreiender Landschaftsgärtner … mal alles wegräumen und damit die freie Sicht auf das Stück und auf die Aussage zulassen. Das konnte vielleicht auch nur so radikal (ist es derart radikal?) sein, weil sich hier kein Ausstatter profilieren musste. Einem anderen hätte ich ja immer auch seinen Freiraum “einräumen” müssen. Das fiel hier weg, ich finde es fiel zugunsten des Spiels weg, der Klarheit … und natürlich ist es schön dass hier das Publikum so offen war.

Wird es in der Schweiz weniger offen sein?

Ich hoffe nicht … aber eine radikalere Ästhetik spaltet das Publikum immer, es gibt immer auch jene, die lieber Kulissen und Plüsch um sich haben. Reduzierte Kunst, kompakte minimal Art hat es nicht nur leicht. Für mich muss Kunst kompakt sein, stringent sonst erübrigt sie sich, Kunst kommt von kompakt.

Und leicht bleiben, das finde ich das Erstaunliche hier.

Ja, ja, eben, da bewundere ich meine Solisten hier, und auch die Choristen, was sie machen, wie sie es machen und mit welcher scheinbaren Leichtigkeit. Sie lassen sich auch tragen von dieser Vorlage, anstatt sich dagegen zu stemmen. Das gibt Kraft.

Wie haben Sie geprobt, bei der Italiana hatten Sie die Übersetzungskünste Ihrer Assistentin gelobt, hatten Sie hier wieder so eine gute Begleitung?

Nein leider nicht, das war schwierig dieses Mal, meine Kommunikationsqualität war hier jetzt sehr reduziert und arm. Wir mussten uns retten über Spontanübersetzungen, alle haben immer mitgequasselt, ein richtiges Geschwätz, jeder wollte es noch besser und noch schneller verstanden haben … einige können einige Brocken Deutsch, wieder andere einige Wörter Italienisch, und Englisch … ich mag Englisch nicht, ich kann die Sprache auch nicht, aber sie wurde nach und nach zum grössten gemeinsamen Nenner. Sehr arm alles, keine Feinheit, immer nur Schwarz-Weiss, bis man’s eingemittet hatte auf Grau hat es immer gedauert. Ich musste zur Darstellung greifen, was ich sonst immer vermeide beim Inszenieren. Ich will nicht dominieren mit meinen Bildern, ich versuche die Bilder der Schauspieler, in diesem Fall der Sänger/innen zu mobilisieren und nicht meine zur Nachahmung vorzuschlagen. Aus Zeitgründen habe ich dazu gegriffen, greifen müssen, wir hatten ja nur zwei Wochen Zeit für diese Inszenierung, und dann noch eine Woche Endproben auf der Bühne mit allem.

So kamen Sie zum Vormachen …

Ja und ich merkte, dass mich alle sehr schnell verstanden und den Situationswitz begriffen. Anfänglich sah ich dann Nachahmungen, danach mutierten diese wiederum zu Originalen, manchmal flachten sie ab, ich muss jetzt mit den nächsten Vorstellungen sehen wie sie sich entwickeln. Der Körper tendiert zur Bequemlichkeit, Theater ist und bleibt aber Ausstellung von Inhalten, da muss man aufpassen, dass sie nicht abflachen. Möglicherweise wären meine überdeutlichen Vorzeigebewegungen aber auch unerträglich wenn sie so eins zu eins auf die Bühne kämen. Es ist schon gut, dass sie übersetzt wurden. Mir hat die verbale Sprache gefehlt, dafür kann ich jetzt einige Brocken Bulgarisch.

Und das geht jetzt in die Schweiz, was erwarten Sie davon?

Wir haben diese Oper realisiert auch weil ich sie dort anbieten konnte, wir spielen sie in Schaffhausen zweimal und zweimal in Winterthur, in einer Woche und dann wird es vorbei sein. Vielleicht kann zu einem späteren Zeitpunkt eine zweite Reise organisiert werden, das wird vom Erfolg jetzt abhängen. Mal sehen.

Was ist für Sie neu an dieser Arbeit, was war neu?

Ich bin noch nie derart an die Grenzen der Machbarkeit gegangen, ich staune, dass sie alle noch so singen können bei dieser Beweglichkeit, die sie auf die Bühne bringen. In der Theorie hatte ich es immer gewollt, oder auch gewusst, aber in der Praxis ist man dann doch allzu oft duldsam und akzeptiert, dass sich gewisse Schwierigkeiten mit gewissen Tempi nicht vereinbaren lassen. Ich dachte schon immer, dass es von der Körperlichkeit einer Aussage abhängt ob etwas auch mit der Stimme gemacht werden kann, jetzt sehe ich, dass es auch in der Praxis so ist. Wir mussten die Akzente ganz genau definieren, damit der Rhythmus der Musik und auch der Sprache richtig aufgeht, aber dann waren sie so klar, dass sie anders gar nicht mehr möglich wären. Der Chor zum Beispiel, hat man schon eine solche Beweglichkeit gesehen beim Singen? Ich jedenfalls nicht und ich hätte es mir auch gar nicht denken können. Das war eine reine Folge meines Vormachens: ich machte natürlich pointiert, extrem auch in den Tempi vor, Angelina war dabei, sie ist Tänzerin, und sie sieht extrem schnell, dynamisch, und sie hat sich darauf kapriziert, das Gesehene auch umzusetzen. Sie hat mit ihnen trainiert auch in meiner Abwesenheit, und als ich dann wieder zurückkam nach einer Woche, da waren sie auf einer anderen Orbit, und es stimmte auch noch musikalisch. Ich weiss nicht wie sie das gemacht haben. Wir haben es zum Sport weitergetrieben, fast zum Jux. Hätten die Proben zwei Monate gedauert hätte man sich sehr wahrscheinlich aufgerieben, jetzt ist es gut so. Es gibt auch Unzulänglichkeiten, die ich in dieser Kürze so akzeptieren musste …

 … der Umbau zum Schluss finde ich ein Stilbruch, Ernesto bewegt sich anders und ist geschminkt … als junger Mann gegen die Regel der Commedia dell’Arte so fast doch maskiert …

… ja Sachen, die man eigentlich schon noch genauer anschauen müsste. Der Umbau – vielleicht müssten die Lappen nicht auch von oben kommen, von unter hochgezogen finde ich gut im Prinzip, das liegt im Charakter des Teppichs, von oben aber ist etwas Neues. Vielleicht müsste man auf diese Bewegung verzichten, und die Choristen anders auftreten lassen zur Serenata, ich wollte diese Statik und die absolute Konzentration auf die Musik, eigentlich sollte diese Szene komplett schwarz sein, schwarz in schwarz und dann die grelle Überraschung beim Ertappen und beim Schlussbild. Insbesondere beim Liebesduett stelle ich mir den optimalen Gleichklang vor, mit den jeweiligen Dynamiken aber alles im Einklang an parallel geführten Energien. So wie Paolo und Francesca bei Dante in der Hölle herumfliegen, eng umschlungen oder frei, ich weiss es nicht mehr, jedenfalls optimal aufeinander eingestellt wie zwei total monogame Vögel, oder Menschen, die den anderen als Teil der eigenen Existenz verinnerlicht haben.

Aber so weit sind doch Norina und Ernesto nicht nach dieser kurzen Eskapade.

Nein sie zwei nicht aber die extrem Liebenden, die diese absolute Musik verkörpern, die stelle ich mir so vor. Norina und Ernesto die passen hier nun mal wirklich nicht zusammen, dieses romantisierende Standart-Bild der Harmonie und Glorifizierung der Zueinanderpassenden habe ich nicht gesucht, mich interessierte viel mehr was von Don Pasquale ist in Ernesto, wie weit ist der Apfel denn nun wirklich vom Stamm weggerollt. Wir haben dieses Bild dann bedient und Norina haben wir in die andere Spielform gehen lassen. Spiel und Spielfreude ist das Zentrale: “mi piace scherzare, ho core eccellente, ho testa bizzarra, son pronta vivace, mi piace scherzare, mi piace brillar …” das singt sie alles in der ersten Arie, aber wer hat das schon mal verstanden in der Oper? Und die Kraft, die daraus entstehen kann. Es gibt so viele “teste poco bizzarre” und Leute, die sich nie auf die Äste der Fantasie hinauswagen können. Schrecklich wenn diese dann damit konfrontiert werden, die müssen alle komplett verunsichert sein. Und wenn sie dann noch derart unklug wären, in ihre eigenen Erwartungen von Geborgenheit und Bekanntem und Sicherheit flüchten zu müssen … sie müssten sich regelrecht einkapseln, “einschnecken” in sich und müssten hysterisch draufgehen weil alles andere eine existentielle Gefahr bedeuten könnte. Man müsste sich womöglich in Frage stellen … und das kann doch nicht sein. Wo kämen wir denn da hin, wenn man sich nach einer Buffa-Vorstellung in Frage stellen müsste? Aber das alles ist gar kein Thema jetzt, das Publikum ist freudvoll darauf eingegangen, warum sollte es in der Schweiz nicht auch so sein. Es war ein wunderbarer Abend!

Ich wünsche Ihnen solche auch in der Schweiz. Und kommen Sie wieder?

Nayden hat mich gefragt was ich als Nächstes machen möchte, die Solisten fragen mich, Ani … wir werden sehen, Lust hätte ich schon, ob ich es mir zeitlich und energetisch leisten kann weiss ich jetzt noch nicht. Ich muss es noch mit meiner Frau und mit meinen engsten Arbeitskollegen besprechen …

Also auf Wiedersehen!

“Da, da”, mal sehen.

 

 

L’ITALIANA IN ALGERI, Presseberichte

Presseberichte zu  “L’ITALIANA IN ALGERI”

 

 

Der Landbote, Kultur  Vorschau   Winterthur – 3. April 2006
Es lebe die Italienerin
Theaterdirektor Gian Gianotti hat in Sofia mit der Bulgarischen Nationaloper Rossinis Opera buffa  «L’Italiana in Algeri» inszeniert.

Herbert Büttiker

WINTERTHUR – Sinnenfreudig und temporeich soll sich die Staatsoper Sofia in Winterthur präsentieren. Die Aufführung von Rossinis Opera buffa «L’Italiana in Algeri» ist ein Neuanfang in einer alten Gastspiel-Beziehung, und der Grundeinfall der Inszenierung – das leichte Spiel mit der enormen Körperlichkeit der Haremsbewohner – mag auch für die Erneuerung dieser Tradition stehen: Die Schwerfälligkeit ist nur noch Kostüm, Regiewitz und Buffolaune, in den Kostümen aber steckt ein frisch motiviertes Ensemble, das flink und gut gelaunt agiert.  So erlebte jedenfalls ein begeisterter Gian Gianotti die Probenarbeit am Theater in Sofia. Der Winterthurer Theaterdirektor ist der Regisseur eines Austauschprojekts mit dem Ziel, die Bulgarische Nationaloper, die mit ihren Inszenierungen den Ansprüchen hiesiger Theaterintendanten immer weniger zu genügen vermochte, für Tourneen durch westeuropäische Häuser wieder fit zu machen. Nach den erfolgreichen ersten Aufführungen in Sofia gibt es nun zunächst Gastspiele in Winterthur.

Wege aus der Krise  «Luisa Miller» von Verdi (1995) und «Le Nozze di Figaro» von Mozart (1997) waren die letzten Gastspiele der Bulgarischen Nationaloper in Winterthur. Seither habe sich die Krise dieser traditionsreichen Bühne Osteuropas noch verstärkt , erklärt Gianotti. Das sei alles sehr verstaubt, das Haus auch in seiner Infrastruktur sehr heruntergekommen und der Betrieb verkrustet. Mit dem künstlerischen Team hat sich Gianotti aber schnell gefunden: mit Naydan Todorov, einem hervorragenden jungen Dirigenten, dem Gianotti eine grosse Karriere prophezeit (auch wenn er sich jetzt noch gegen viele Widerstände behaupten müsse), und Nikola Toromanov, den er als den besten Ausstatter des Landes bezeichnet.

Hoch virtuose Solopartie  Bulgarien ist ein Land der Opernstimmen. Das zeigen die Namen internationaler Stars mit bulgarischer Herkunft, angefangen vom Bass Nikolai Ghiaurov bis zur Mezzosopranistin Vesselina Kasarova. Rossinis «Italiana in Algeri» ist gleich mit zwei Besetzungen einstudiert worden. Aber für die Erstbesetzung der Titelpartie hat Gianotti eine junge bulgarische Sängerin aus der Schweiz mitgenommen, nämlich die in Zürich wohnende Mezzosopranistin Violetta Radomirska, die sich beim Ensemble-Theater Biel/Solothurn bereits mit anspruchsvollen Partien hervorgetan hat.  Eine hoch virtuose Partie ist auch die Isabella, die Italienerin, die ihren versklavten Geliebten aus dem Serail des Bay von Algier befreit. Rossini singt in seiner ersten welterobernden Opera Buffa (1813) das Loblied der italienischen Frau, die mit Witz und Temperament das Geschehen dominiert und deren Koloraturen emanzipatorisches und patriotisches Potenzial entfalten. Turbulenz, überschwappender Lebensenergie und purem Nonsens – Rossinis wunderbare Domäne – zum Trotz: Isabellas Final-Rondo «Pensa alla patria» liess die Herzen der Italiener höher schlagen, und die Zensur war alarmiert .

L’Italiana in Algeri Theater Winterthur am 4., 5. sowie (in der Alternativbesetzung) am 6. April, 19.30 Uhr.

 

 

Der Landbote, Kultur   Winterthur – 6. April 2006
Fett inszeniert und schlank musiziert
Der Orient der massigen Körper hat viele befremdet, am Ende aber gab es starken Applaus für einen insgesamt schwerelosen Abend mit Gioacchino Rossinis Dramma giocoso «L’Italiana in Algeri» im Theater Winterthur.

Herbert Büttiker

WINTERTHUR – Mustafa ist im Dilemma. Vor der «Geisel der Frauen» ducken sich alle, aber gerade die Unterwürfigkeit der Damen seines Harems, darunter die Ehefrau Elvira, ist ihm fade geworden. Deshalb sollen ihm seine Korsaren eine jener schönen und selbstbewussten Italienerinnen aufgabeln, die ihre Verehrer zu dirigieren wissen. Isabella heisst die neue Herausforderung. Sie gerät, auf der Suche nach dem verschollenen Geliebten unterwegs, im Schlepptau den tapsigen Verehrer Taddeo, in den Serail des Bey von Algier. Natürlich findet sie hier ihren Lindoro, der zum Vorzugssklaven Mustafas avanciert ist. Die Flucht aus dem Serail (Mozart lässt grüssen) ist dann das Ziel der Handlung, aber das Thema ist das ewige des Geschlechterkampfs: männliches Dominanzgebaren und weibliche Emanzipation – abgehandelt am anderen Ende dieser bleiernen Begriffe: im quirligen Spiel der Dialog- und Handlungsmusik und in den virtuosen Arien des jungen Rossini.

«L’Italiana in Algeri» ist ein Ausbund an zündendem Rhythmus und Melos, voller überlegener Ironie bis hin zur Freude am puren Nonsens (Finale des ersten Aktes). Aber auch der Herzton ist da, der die «Italiana» durch alle Komödiantik hindurch zu einer Hymne der Italianità macht. Das geschieht gleichsam diskret und beiläufig (etwa im Moment des Wiedersehens der Geliebten), wird aber auch devisenhaft deutlich mit «amor, dover, onor» in Isabellas Rondo «Pensa alla patria», dem Herzstück der Komödie.

Die Vorzeige-Italienerin
Die Eigenschaften werden auf der Opernbühne zu solchen der Stimme, und da wird die Bulgarin Violetta Radomirska, mit ihrem schlanken, im weiten Umfang ausgeglichenen und beweglichen Mezzosopran mühelos zur Vorzeige-Italienerin, souverän im Spiel und wunderbar beherrscht im musikalischen Ausdruck, mit Geschmeidigkeit und Wärme in den kantablen Momenten, mit temperamentvollem Aufblitzen in den Koloraturen. Dass man sinnliche Fülle ein wenig vermissen mochte, lag wohl weniger am Volumen ihrer Stimme als am szenischen Umfeld. Im Deuxpièces der smarten Geschäftsfrau gerät diese Isabella in die orientalisch überquellende Körperlandschaft, die das Markenzeichen der Inszenierung ist.

Gian Gianotti als Regisseur und sein Ausstatter Nikola Toromanov verwandeln die Bühnen- in eine Bauchlandschaft. Die Eunuchen tragen Berge von Fleisch vor sich her und die Haremsdamen stellen für die Bunt- und Glitzerstoffe quadratmeterweise Körperumfang zur Verfügung. Der Comic-Effekt dieser vom guten Geschmack freien, aber immerhin originellen Fettpolsterung ist für manchen szenischen Moment gut, für Aufstehen wie Hinfallen. In eigentlichen choreografischen Momenten, von denen es mehr geben dürfte, entfaltet sich auch anmutiger, an Disneys Baloo erinnernder Bewegungswitz, den Herrscher im wallenden Serail bringt sie freilich um den Charakter. Mustafa ist ja wohl nicht der Mann, der Selbstzweifel nährt und sich ob seiner Körperfülle geniert. Daran lässt Plamen Beykov, der mit seinem klangsatten Bass den straffen und fordernden Ton des Harem-Macho hervorragend trifft und an stimmlicher Beweglichkeit zunehmend gewinnt, musikalisch keinen Zweifel. Aber der wogende Körper spricht eine andere Sprache. Dieser Mustafa ist schon ein «Papataci», bevor ihn Isabella dazu macht, wenn er sich am Ende den Verhaltenskodex des Pantoffelhelden – wegschauen, weghören, schweigen und essen – buchstäblich einverleibt und von ihrer Flucht nichts mitbekommt.

Effektvolles Leben
Wenn die Inszenierung das Gegenspiel Isabella–Mustafa so nicht wirklich auf den Punkt bringt, so hat sie doch viel effektvolles Leben: Ein hübscher Einfall ist die schlanke Traumtänzerin zur Ouvertüre, und ein veritabler Colpo di scene ereignet sich, wenn das Schiff der Titani & Co, dem Isabella entsteigt, die Hafenmauer rammt. Dass die Plünderung der Ladung zum ungenierten Product Placement wird (Mercedes lässt grüssen), ist witzig. Nur, bis zum Finale müsste das mit Bögen und Gitter eigentlich grosszügige und im Licht stimmungsvolle Bühnenbild damit nicht verstellt bleiben. Aber es bleibt Raum genug für alle Figuren des Spiels, die köstlich agieren und ausnahmslos ansprechend singen: Ani Gemedjieva (Elvira) und Andreana Nikolova (Zulma) sind die schwergewichtigen, aber stimmlich unbelasteten Protagonistinnen des Harems. Alexander Nossikov bringt als Hauptmann der algerischen Korsaren mit leichtem Ton seine Bewunderung für die «femmine d’Italia» zum Ausdruck. Alexander Krunev gibt Taddeo stimmlich profund die polternde Komik, und Georgi Sultanov, der mit gleich zwei virtuosen Cavatinen den schmachtenden Liebhaber Lindoro über etliche Klippen hinwegführen muss, findet mit hellem Tenor immer wieder den kraftvollen Ansatz, der seine Figur von aller Schwächlichkeit fern hält.

Zum musikalisch starken Eindruck, den das Gastspiel des Bulgarischen Nationaltheaters an seinem ersten Winterthurer Abend hinterliess, gehört der Beitrag des Orchesters, das sich – im erhöhten Orchestergraben – nicht nur sehen, sondern auch hören lassen darf. Schön zum Beispiel die Hörner, schön insgesamt die Wachheit, Leichtigkeit und Präzision des Spiels und hervorragend das Dirigat von Nayden Todorov in der Klarheit der Übergänge, in der Disposition von Tempo und Dynamik, in der Zügigkeit des Ganzen.

 

 

24 Chasa (24 Stunden)   Sofia – 03.03.2006
Kristina Patrachkova

Partner von Peter Brook mit Debüt in Sofia
Die Krise des Mannes im mittleren Alter
präsentiert die Oper “L’Italiana in Algeri”

“Hüllen Sie sich in den Umhängen und nach einem Sprung drehen Sie Ihre Köpfe auf diese Seite. Als Sklaven haben Sie Angst, bei dieser Intrige ertappt zu werden. Bitte, der Text soll deutlicher klingen” kommandiert in Italienisch ein Mann mittleren Alters im Kammersaal der Sofioter Oper. Dann zieht er selbst eine Art Decke aus effektvollem Stoff, die man sonst auch als Teppich gebrauchen könnte über den Kopf. Und zeigt den Darstellern, was sie genau zu tun haben. Danach bekreuzigt er sich und gibt weiter Anweisungen. Der energische Mann ist der berühmte schweizerische Regisseur Gian Gianotti, der schon 2 Monate intensiv mit jungen bulgarischen Sängern die bekannte Oper von Rossini “L’Italiana in Algeri” probt. Gianotti hat in Theatern weltweit inszeniert, hat mit Grössen wie Peter Brook und Giorgio Strehler gearbeitet.

“Das ist eine Tragikomödie in vielerlei Richtungen, und außerordentlich modern. Darin geht es um die Krise des Mannes im mittleren Alter, wenn er bereit ist, sich in Abenteuer zu stürzen, und seinen Kopf zu riskieren. Das Sujet ist im wesentlichen feministisch, weil eine Frau (die Italiana) sich auf den Weg macht, ihren Geliebten zu retten, der in einem Serail gesperrt ist. Besonders aktuell ist der Dialog zwischen den Kulturen von Ost und West. Gianotti verzeichnet die Unterschiede, macht jedoch keine Bewertung”, erklärt unsere Ex-Botschafterin in der Schweiz Lea Cohen. “L’Italiana in Algeri”  ist ein Projekt ihrer Stiftung “Ardente”. Die Premiere ist für den 11. März geplant und im April wird der Spektakel auch in der Schweiz gezeigt.

Wovon ist eigentlich die Rede auf der Bühne?
Die Hauptfigur Mustafa, der Bey von Algier, findet an keiner der dicken Frauen in seinem Harem mehr Gefallen. In seinen Träumen taucht eine leichte und schlanke europäische Schönheit auf. Und als sie erscheint, wird er von Leidenschaft gepackt. Die Italienerin Isabella kommt an, um ihren Geliebten, der im Serail eingesperrt ist zu retten, und wird selbst zum Gegenstand der sexuellen Pläne von Mustafa. Doch Isabella wickelt alle Männer um den kleinen Finger und ist der weibliche Don Juan. “Die Europäer kommen in Algier in einem riesigen Schiff, etwa wie “Titanic” an. Sie dringen in eine für sie andere Welt des Ostens ein, als ob sie sie erobern würden. Wir wissen jedoch alle, was mit “Titanic” geschehen ist. Im Endeffekt, so wie sie gekommen sind, so gehen sie auch. Eine gute Lektion bleibt jedoch – die Frauen werden unabhängiger und die Männer beginnen das schwache Geschlecht mehr zu achten”, erzählt Léa Cohen.

In der Vorstellung nehmen Sänger teil, die nach schweren Castings in den letzten zwei Jahren ausgewählt worden sind. Die Hauptrollen sind Violetta Radomirska, Olga Mihaylova, Ani Gemedzhieva, Elena Stoyanova, Andreana Nikolova, Rositza Pavlova, Georgi Sultanov, Plamen Beykov, Ivan Varbanov, Aleksandar Nosikov, Aleksandar Krunev anvertraut.

Am Pult ist der talentierte Dirigent Nayden Todorov und die Ausstattung und Kostüme, die Frau Cohen nicht aufhört zu preisen, sind ein Werk von Nikola Toromanov.

Die Vorstellung, die noch in Spanien, Holland und Belgien vorgeführt wird, wird auch dank der Unterstützung des Kulturministeriums realisiert.

 

 

Journal “Dnevnik”   Sofia – 6 mars 2006
LES VOIX BULGARES COMBINEES AVEC LA MISE EN SCENE DE L’OPERA MODERNE
(Interview avec Madame Léa Cohen – Augsburger, directrice du projet)

Née à Sofia, Léa Cohen a fait ses études de piano et de musicologie au Conservatoire de Sofia et l’histoire de la musique à l’Université de Utrecht – Pays Bas. Au cours des années, elle a été rédactrice dans le journal “Musique bulgare”, professeur, dramaturge générale, député, ambassadrice. Depuis 2002 elle dirige l’agence d’échanges culturels “Ardente” qui est à la base du projet bulgaro-suisse – le spectacle “L’Italiana in Algeri” et elle espère que ce sera un spectacle innovateur.

Comment avez-vous décidé de fonder votre agence d’échanges culturels?
Mon idée était de présenter tout ce qui est au niveau mondial de la culture bulgare et en même temps d’encourager les jeunes qui ont toujours une place réservée dans nos projets. Pour les premiers projets j’ai engagé ” Le Mystère des voix bulgares”  qui est un des ” must ” pour présenter notre pays, aussi bien que “Solistes de Sofia” avec lesquels nous avons réalisé une grande tournée en Suisse. Parmi les activités principales de l’agence sont les éditions de livres, l’organisation d’expositions et autres. Notre intention reste toujours d’aider et de  montrer le jeune potentiel de Bulgarie. Voilà pourquoi c’était bien logique d’arriver à l’opéra en tant qu’une provocation suprême dans laquelle nous avons de fortes traditions.

Avec quoi votre spectacle serait-il plus différent?
Le plus grand problème de notre opéra c’est que la qualité des chanteurs bulgares en tant qu’artistes individuels est beaucoup plus élevée que celle de notre opéra national en tant qu’institution.  Ce n’est pas un secret qu’en Europe la manière de la mise en scène est tout à fait  différente, là l’opéra est un théâtre complexe et non pas une scène de concert pour présentation de vedettes. Pour les grandes et responsables scènes en Europe il est déjà très difficile de présenter des spectacles de compromis du point de vue théâtral. J’ai eu des conversations avec des directeurs de théâtres et ils m’ont dit directement ce qu’ils désirent voir – quelque chose de nouveau, portant le potentiel de nos chanteurs d’opéra qu’ils connaissent bien, mais qui ne vient  pas dans notre opéra parce qu’il n’y a pas de spectacles pour leurs exigences théâtrales. Voilà pourquoi il y a deux ans et demi nous avons décidé de réaliser un projet commun bulgaro-suisse pour réunir la richesse des voix bulgares avec la mise en scène contemporaine. Nous avons trouvé la personne exacte – le metteur en scène suisse Gian Gianotti. Il a connu avec Peter Brook et Giorgio Stehler, il a réalisé des mises en scène en Francfort, Vienne, Stuttgart. Pendant les  50 jours de répétitions passés à l’opéra bulgare, Gian Gianotti a travaillé très intensivement. Il est un excellent improvisateur et acteur, il montre chaque mouvement. Chez Gianotti chaque personnage a son propre plastique. Dans ce spectacle il n’y a pas de rôles secondaires parce que Gianotti travaille comme en cinéma – chaque acteur a une présence caractéristique sur la scène qu’il remplie pendant tout le spectacle. Il n y a aucun danger que  le public s’ennuie un seul instant.

Est ce que les artistes se sont vite approché au metteur en scène?
La première chose que Gianotti a faite c’était d’enseigner aux chanteurs la diction italienne. Parfois on croit que la langue n’est pas une grande importance à l’opéra, mais ce n’est pas vrai. L’opéra est un théâtre. Gianotti a travaillé avec chaque artiste sur la diction et le comportement scénique. Les castings libres étaient une nouveauté aussi. La direction de l’opéra s’est mise d’accord malgré que ce fait a provoqué le mécontentement de l’équipe permanent qui croyait que ce terrain lui était réservé. De ces castings nous avons réussi à sélectionner une compagnie de jeunes chanteurs bulgares de talent, sans tenir compte ou ils avaient travaillé jusqu’à présent – chez nous ou à l’étranger.

Pourquoi avez-vous choisi “L’Italiana in Algeri” de Rossini?
Le sujet a quelque chose  actuel: dans la pièce il s’agit des italiens kidnappés en Alger et sauvés par une dame courageuse et émancipée. Il s’avère que les terroristes d’aujourd’hui exercent un métier ancien. C’est bien aussi que la rencontre des deux mondes oriental et occidental de Rossini est présentée d’une manière très amusante.

A part Gianotti, quels sont les moteurs artistiques principaux du spectacle?
Le chef d’orchestre Naiden Todorov et le scénographe Nikola Toromanov. Avec son oeuvre, Nikola Toromanov prouve que la Bulgarie est un pays où les gens ont des idées très modernes et que  nous ne sommes pas coupés de la tradition et de la culture européenne.

Stefan Galibov

 

 

Monitor   Sofia – 10 März 2006
Avgusta Manoleva

Rossini komponiert das Werk, als er nur 21 Jahre alt ist
“L’Italiana in Algeri” – Premiere in der Oper
Der Spektakel wird auch auf einer Tournee in der Schweiz zu Gast sein

Heute Abend feiert das Werk von Rossini “L’Italiana in Algeri” Premiere in der Sofioter Oper. Die zweite Vorstellung ist am 14. März, am 4. April reist “L’Italiana …” auf Tournee in die Schweiz.

Regisseur der lustigen Opera buffa ist der Schweizer Gian Gianotti – ein echter Fachmann, der seine elitäre moderne Ästhetik ins Theater überträgt. Der Regisseur hat eine Vielzahl von Projekten in Deutschland, Frankreich, Italien realisiert und ist künstlerischer Direktor vom Theater Winterthur in der Schweiz. Der Maler des Dekors und der Kostüme braucht kaum vorgestellt zu werden, denn er ist gegenwärtig einer der Berühmten in der Branche. Für Fitcho oder Nikola Toromanov ist diese Woche schwer, mit Sprüngen zwischen der Staatsoper und dem Staatsschauspiel. Mit einigen Tagen Unterschied kommt auch seine zweite Premiere heraus – “König Lear”. Das Umsteigen zwischen den unterschiedlichen Stilrichtungen der beiden Genres ist schwer: “das Grundsätzliche in der Oper kommt hauptsächlich von der Musik und trotzdem existieren Freiheiten, die im Theater nicht immer gegeben sind”, sagt er lakonisch. “Phantasien mit hellen grotesken Elementen (üppiges Fleisch legt sich hin, steht auf und tanzt vor unseren Augen), gutgesinnte Visualisierungen mit scherzhaft-orientalischem Untertext, alles mit Elementen der Gegenwart vermischt, reformieren die Bühnenvision für das etwas abgenutzte Naturell in unserer Nationalen Oper”. Der Mag der ganzen Produktion oder der “Verführerdirigent”, wie ihn die schweizerische Presse bezeichnet, ist Nayden Todorov. Er ist der spezielle Auserwählte von Gianotti, der ihn als seine Entdeckung zählt. Der beste junge Maestro, bislang der einzige, der die erfolgreiche Karriere im Ausland abgelehnt hat, um seinem erstaunlichen Wunsch in Bulgarien zu arbeiten nachzugehen (hoffentlich vermiesen wir ihm nicht diesen Entscheid, es existieren schon ernsthafte Anzeichen dafür). Er versteht von Opergewerbe, weiß, die Sänger auf der Bühne zu verschmelzen, die Orchesteraggression zu unterdrücken. Und jetzt musste er sogar das erneuerte Orchester der Oper schulen, da alle erfahrenen Musiker auf einmal in den Ruhestand geschickt wurden.

Zum ersten Mal wurden die Solisten in Castings bei uns und im Ausland ausgewählt, öffentlich ausgeschriebene. Das ist eine bekannte Praxis im Ausland – Auswahl des Besten, aber bei uns ruft es offenbar ein wütender Widerstand und Zorn in manchen der Stammsolisten der Oper hervor. Wir werden frische Stimmen mit artistischem Verhalten hören, sogar Entdeckungen für das Sofioter Publikum – Violetta Radomirska (sie kommt aus der Schweiz, ist am Theater Biel Solothurn engagiert und steht als Isabella zum ersten Mal auf unserer Bühne), aus Burgas – Georgi Sultanov, Varna – Arseniy Arsov, freischaffend: Plamen Beykov, Aleksandar Nosikov.

Das Projekt wurde seit 2002 von Léa Cohen geplant, und wurde vom Kulturministerium subventioniert. Die Eintrittskarten für die erste Tournee in der Schweiz sind schon ausverkauft. Fünf Theater in verschiedenen Städten werden ihre Bühnen für die Gastgruppe zur Verfügung stellen. Eine zweite Tournee ist bereits in Planung.

 

 

“SEGA”   Sofia – 16.03.2006
Dessi Todorova
Die Skandale verhinderten “L’Italiana in Algeri” nicht

“L’Italiana in Algeri” der Sofioter Oper war ein erwarteter Titel. Einerseits wegen dem namhaften Regisseur – dem berühmten schweizerischen Theaterfachmann Gian Gianotti, der mit Peter Brook, Giorgio Strehler und Peter Stein gearbeitet hat. Andererseits – wegen der bei uns nicht populären Weise für die Zusammensetzung eines Produktionsteams: durch Castings. Und zum Dritten – wegen den Skandalen, provoziert von einigen einheimischen Sängern, die in dieser Oper nicht besetzt wurden. All dies zusammengenommen schuf eine echte Spannung, noch lange vor der Premiere. Im Endeffekt hat die Sofioter “Italiana in Algeri” das Treffen mit dem Publikum gut überstanden und bereitet sich schon auf ihre erste europäische Tournee, im April in der Schweiz, vor.

Wenn Sie die Oper in ihrer klassischsten Art gern haben, so sehen Sie sich diesen Spektakel nicht an. Er wird Sie mit Sicherheit in vielen Aspekten provozieren. Wenn Sie aber Gefallen finden an moderne Interpretationen, die immerhin die Idee des Autors nicht umstülpen und das Futter nach außen kehren, ist diese “Italiana” gerade richtig für Sie. Die Vorstellung von Gian Gianotti spielt mit einer Reihe moderner Symbole – von den Unisex-Kleidern bis zum Schiff “Titanic”, das in diesem Fall “Titani & Co.” heisst. Alles, was auf der Bühne geschieht, wirkt leicht. So ist auch die Idee der ganzen Oper.

“L’Italiana in Algeri” wurde von Gioacchino Rossini in weniger als einem Monat geschrieben. Manche meinen, es wären 18 Tage, andere haben berechnet, dass der Komponist sie innerhalb von 27 Tagen geschaffen hat. Schon die erste Premiere – am 22. Mai 1813 in Venedig, ist mit Begeisterung aufgenommen worden. Etwas, was den Opern selten passiert. “L’Italiana in Algeri” ist eine typische komische Oper im Geiste der Opera Buffa.

Der Hauptvorteil in diesem Fall ist die Ausstattung. Die Kostüme und der Dekors von einem der besten Theaterausstatter in letzter Zeit – Nikola Toromanov – sind beeindruckend. Der mehrfache Träger von “Askeer” hat Karikatur-Gestalten geschaffen, die sich ideal ins Regiekonzept einfügen.

Die vorerst schwache Stelle in der Aufführung sind manche der Darsteller, die charakteristischer sein könnten. Die Bewegung am Rande der Groteske ist insgesamt gut gelungen.

 

 

City Market   Sofia – 10 – 16 März 2006
“L’Italiana in Algeri” auf Sofioter Bühne
Die Aufführung ist ein Kind des Tandems Gian Gianotti und Nikola Toromanov

Am 11. und 14. März um 18 Uhr wird auf der Bühne der Sofioter Oper und Ballett die langerwartete Premiere der Oper “L’Italiana in Algeri” von Gioacchino Rossini stattfinden. Der Ruhm des begabten Komponisten ist im wesentlichen eben auf diese Oper, sowie auf “Il Barbiere di Siviglia” und “La Cenerentola” zurückzuführen. Die außerordentliche Einfachheit dieser Opern, ihr unmittelbares und ergreifendes theatralisches Verhalten haben den Mythos von einem Rossini geschaffen, der über Talent und eine leichte Hand verfügt und in der Lage ist, für vernachlässigbar wenige Tage berühmteste Meisterwerke zu schaffen.

Der berühmte schweizerische Regisseur Gian Gianotti und der namhafte bulgarische Maler und Szenograf Nikola Toromanov haben in einem harmonischen Einklang die klassische Opera buffa des unnachahmlichen Meister der Komödie wiedergegeben. Die originellen Bühnenlösungen, verstärkt durch prunkvolle attraktive Kostüme und einmalige schöpferische Vorgehensweisen versprechen ein unvergessliches Erlebnis mit den Helden des Werkes. Es steht viel Lachen, Vergnügen und echter Genuss durch die virtuosen Vorstellungen der Solisten Plamen Beykov, Petar Buchkov, Ana Gemedzhieva, Elena Stoyanova, Andreana Nikolova, Rositza Pavlova, Aleksandar Nosikov, Arseniy Arsov, Olga Mihaylova-Dinova, Violetta Radomirska, Aleksandar Krunev und Ivan Varbanov, das Orchester und den Chor der Sofioter Oper. Dirigent ist der talentierte Nayden Todorov.

Die Teilnehmer an der Oper werden auf eine Tournee in die Schweiz – vom 2. bis zum 14. April reisen. Die Premiere von “L’Italiana in Algeri” wird dort im Theater Winterthur am 4. April stattfinden.

 

 

 

Das Gespräch zum Projekt L’ITALIANA IN ALGERI

Das Gespräch zum Projekt Rossini “L’Italiana in Algeri” an der Staatsoper Sofia und die ersten Gastspiele in der Schweiz 2006

Von Iwan Iwanov

 

Herr Gianotti, hallo, willkommen in Sofia … und darf ich die erste Frage so stellen wie sie mir direkt auf der Zunge brennt? Warum sind Sie hier? Ist Sofia für Sie so attraktiv?
Bei Mustafà, da haben Sie viel Zeit wenn Sie so anfangen!

… oder Sie fassen sich kurz. Fangen Sie mal an.
Ja danke! … Also: Die Geschichte hat vor drei Jahren angefangen, da kam Léa Cohen Augsburger zu mir (Ardente, Agence culturelle La Chaux-de-Fonds/Sofia, und wie ich dann später erfuhr ehemalige bulgarische Botschafterin in der Schweiz, früher Direktorin der Bulgarischen Philharmonie …)

… könnten Sie es bitte kürzer machen?
Doch so viel muss sein: … und Kämpferin für Austauschprojekte zwischen Bulgarien und der Schweiz. Sie lud mich ein, die Staatsoper kennen zu lernen und evtl. ein Gastspiel nach Winterthur ins Auge zu fassen. Dann folgte mein erster Besuch hier in Sofia, eine sehr ernüchternde Erfahrung nicht nur was die Theaterqualität angeht. Ich fiel aus allen Wolken. Überall Vernachlässigung und rundherum lauter Menschen, die sich daran gewöhnt hatten. Nein, mit dieser Stadt wollte ich nichts zu tun haben. Aus Selbstschutz.

… und doch …
Ja ja, eben – Frau Cohen zeigte sich als hartnäckigere Kulturfrau als ich zuerst dachte und wie es sich noch immer zeigt als wahrer Hannibal-Elefant.

Noch mehr Tierwelt?
Ja … “Pinguin” könnte auch sein, bei 40-50 Grad Kälte, liebevoll, die Eier auf Händen (oder Füssen) tragend ausbrüten!

… hat das Symbolcharakter jetzt, dass Sie sich so daran festbeissen?
Ich lasse es ja gehen, und ein Bild soll ein Bild soll ein Bild sein, sehen Sie es nicht? Lassen Sie mich doch reden! Sie wollten das Gespräch, wollen Sie es nicht mehr? … also: nach ihrem dritten Besuch in Winterthur nahm ich dann die Herausforderung an und wir skizzierten das Koproduktions- und Austauschprojekt Schweiz-Bulgarien. Mit einer Zusatzsubventionierung des bulgarischen Kulturministeriums und der Schweizerischen Botschaft in Sofia sollte die Staatsoper ein Projekt grundsätzlich im eigenen Programm realisieren, über den Export zu Ende finanzieren und zusätzlich einen gewissen Gewinn fürs Haus erzielen. Und wir einigten uns auf dieses Projekt, aus mehreren Gründen, vielleicht sprechen wir auch darüber wenn Sie wollen. Wir skizzierten die erste Gastspielreise, und ich plante es grundsätzlich in meinem Winterthurer Programm für drei Vorstellungen ein und wir fanden einige weitere Abnehmer – jedenfalls genug fürs Erste.

Fehlte Ihnen ein Rossini im Programm?
Sind Sie immer so bissig? Nein, mir fehlte kein Rossini im Programm und ich wusste auch noch gar nicht für welche Spielzeit, das war noch vor mehr als zwei Jahren, und wir hatten ihn in den letzten drei Jahren jährlich im Programm: Barbiere, Cenerentola, Turco … die Stücke sind gut, der Komponist wichtig die Musik kommt bei unserem Publikum gut an – ich entschied mich für das Stück. Für den Italiener, für den Goldoni, für die “commedia dell’arte” – mit ihrer Schnelligkeit, Quirligkeit und Lebenslust – für die Komposition, für den Mozart da drin. Wir entschieden uns (mit Frau Cohen) für diese Buffa mit ihrer Leichtigkeit, um eine dort unterbediente Perspektive vorzuschlagen. Und für den Inhalt zwischen zwei Kulturen: ein “Austauschprojekt” wie man es besser nicht haben könnte – “auf der Suche nach der verlorenen Liebe” …

… ja kommen wir doch zum Inhalt, können Sie etwas dazu sagen, oder … wie sagt Ihr im Theater: “verraten”?
Oh, da muss und kann nichts verraten werden. Das Stück ist mehr als bekannt, im Theater. Man kann den Inhalt in jedem Lexikon nachlesen.

Ich kenne es nicht, fassen Sie es doch bitte kurz zusammen.
Also doch: Es fängt bei Mustafà an, der Bey von Algeri (der Grundinhalt des Stückes ist als Hintergrund sogar historisch gut belegt!). Der langweilt sich mit seinen Frauen, will seine Erste wegschicken und sich eine Italienerin anheuern lassen, zum eigenen Plaisir und als Vorzeigeobjekt. Haly, der Hauptmann der Korsaren wird damit beauftragt, binnen Wochenfrist eine zu finden. Er kann ein italienisches Schiff kapern, den Inhalt und die gefangenen Personen beim Bey abliefern (Isabella die Italienerin, Taddeo, der in sie verliebte, tollpatschig feige Begleiter und einige Matrosen als Sklaven). Die hübsche Italienerin kommt Haly und Mustafà wie gerufen. Sie ist auf der Suche nach Lindoro, ihrem Geliebten, der bereits vor drei Monaten verschollen war. Mustafà ist von Isabella derart fasziniert, dass sie ihn sofort um den Finger wickeln kann und ihm über jede Kontrolle hinauswächst. Als sie hier auch noch ihren Lindoro findet ist die Komödie komplett. Da muss nur noch ein raffinierter Abgangs-Plan her, der sie und andere retten könnte.

Welche andere? … Entwicklungshilfe?
Zum Beispiel Elvira die erste Frau des Bey, die wieder seine Zuneigung erhalten sollte, die italienischen Sklaven, denen dadurch die Flucht nach Italien gelingen könnte, und nicht zuletzt auch Isabella selbst vor Mustafà und vor Taddeo.

Eine doch ziemlich konstruierte Geschichte …
Eine Komödie! Da ist immer alles möglich und man kann da fast alles hineinpacken: Liebe, Sehnsucht, Traum, Kompensation, Reiseerlebnis, Exotik, Symbolwerte, Spekulation, Kriminalistik … und vor allem Liebe und allerhand süsse Bonbons, die bei der Opera Buffa ja perfekt platziert sind.

Opera Buffa, ist das ein Begriff des Theaters?
Ja, neben der Opera Seria gibt es die Buffa, die wie die Komödie neben der Tragödie steht. Die Buffa geht gleiche musikalische Wege wie die Oper, nur wird das Überraschungsmoment anders gesetzt, nicht psychologisch begründet.

Also retten sie sich und fertig flott …
Ja fast so. Nur das “wie” ist das Interessante dabei. Das ist es ja immer und überall, dass das Theater sich über die Form der Umsetzung zeigt, was aus einer Vorlage gemacht wird, und wie.

Ah, Sie machen eine andere Geschichte daraus, Regietheater also, streichen und setzen neuen Text ein …
Wir haben einige Striche gemacht, zur Beschleunigung der Rezitativen, um sie theatralischer gestalten zu können, schneller, flüssiger, kommunikativer. Die Sänger haben die Tendenz auch die Rezitative vom Charakter her zu singen, dem muss Gegensteuer gegeben werden, ich inszeniere schauspielerisch. Sonst haben wir eine einzige Textänderung vorgenommen, in der 5. Szene des 2. Aktes, im Rezitativ (“da questa parte” anstatt “in questa stanza”).

Das ist doch keine Änderung!
Genau, also haben wir sie auch wieder rückgängig gemacht, lassen die Aussage gegen das Bild reiben, und sind bei einer komplett treuen Rossini-Fassung.

Er hat sie aber doch nicht selber geschrieben, das Libretto war schon vorhanden.
Ja war vorhanden und wurde auch vorher bereits in Musik gesetzt von Luigi Mosca, Rossini hat dann für seine Komposition gewisse Korrekturen und Anpassungen vorgenommen, die seinem Librettisten Angelo Anelli recht grosse Mühe bereiteten. Das ist in Briefen dokumentiert.

Ist Ihre Inszenierung eine wissenschaftliche Arbeit am Text also?
Nein sicher nicht, doch lesen muss man schon so genau wie man es irgendwie kann … und plötzlich wird dann doch wieder Verborgenes entdeckt und andere Zusammenhänge schieben sich vor. Inszenieren heisst entdecken, für sich und für das Publikum, zugänglich machen, finden – neu finden, jedes Mal irgendwie auch das Rad neu erfinden.

Da sind wir in Bulgarien doch schon etwas weiter … ist das bei Ihnen Fortschritt?
Sie sind gut im Provozieren! … und ja, bei uns gibt es keinen fertig gelesenen und in der Deutung diktierten Text, das ist wenn schon eine unserer kulturellen Errungenschaften und Qualitäten (die sollten wir exportieren wenn schon etwas), wir versuchen in unserer Kultursensibilität so individuell verantwortlich vorzugehen, dass wir den Text und unseren persönlichen Zugang dazu hinterfragen, analysieren wenn Sie wollen, und ihn so vielleicht, und mit etwas Glück, auch wirklich verstehen – und möglicherweise sogar uns neu darin erfahren. Da kann bereits die minimalste Textveränderung (oder Übersetzungsverschiebung) die Aufmerksamkeit vom Wesentlichen ablenken und uns blind machen für das Naheliegendste, das vom Librettisten und vom Komponisten gewollt war.

Also doch eine gewisse Texttreue? Werktreue? so wie wir das kennen.
Nicht eine gewisse, eine totale! – eben wissenschaftlich wenn Sie das so hören wollen. Ob Sie das aber kennen kann ich nicht wissen.

… so wie sie geschrieben sind eben.
Dann doch eben ganz anders. So wie Sie das hier kennen können, aber ich nehme nicht an, dass Sie oft in die Oper gehen … so wie die Oper hier gemacht wird, gespielt wird, dann ist es doch ein recht grosser Unterschied. Ich möchte fast sagen, dass so wie sie hier gespielt wird, wurde sie bei uns in den 60-er Jahren gespielt und bekämpft, ab Blatt und an der Rampe, Spiel- und Standbein, mit Brust raus und Wohlklang (wo vorhanden) und vor allem laut. Und selbstbestätigend. Und verlogen … Warum staunen Sie? Können Sie etwa nichts anfangen damit?

Doch, aber das ist doch eben das Problem der Oper …
Nein, das ist Ihr Problem in der Rezeption der Oper, wenn Sie das sagen. Für mich ist das eine Haltung der Ehrlichkeit im Umgang mit Literatur und Kunst, mit Aussage und Technik, mit Form und Inhalt. Mit Vergangenheit, mit Konzeption, mit Vision und mit Zukunft. Mit Sensibilität wenn schon, oder mit Offenheit. Mit Verletzbarkeit. Mit Hoffnung, etwas für sich zu finden, und für das Publikum, das auch wieder etwas für sich zu finden hofft. Wenn wir die Schachtel Theater nicht aufmachen beim Theatermachen dann schliessen wir sie, dann machen wir sie zu, so einfach ist das. Und das dürfen wir nicht, das wollen wir nicht dürfen. Theater hat inhaltlich mit Wohlklang nichts zu tun, es kann sich dessen bedienen, muss es aber als Form erklären – Wohlklang als Wohlklang ist in unserer Zeit nur Kitsch und verlogen, und es ist Opium fürs Volk.

Jetzt werden Sie aber engagiert!
Weil ich mal ein Zitat verwende? … nein! weil ich Theater mache engagiere ich mich, genau wie ich mich von Léa Cohen engagieren liess, genau wie ich mich für die kulturelle Sensibilität und Menschlichkeit engagiere. Genau wie ich tag-täglich versuche, am anderen Gesprächs-Ton zu arbeiten im Umgang mit den Mitmenschen und mit der Kommunikation, im Umgang mit uns, mit mir, und mit den globalen Fragen: es ist pervers wenn wir lautschreierisch à la Bush die anderen anklagen und uns dabei herausnehmen. Diese politische Haltung muss überall auf der Welt bekämpft werden, bei uns nicht weniger als bei Ihnen, und auch in meiner innersten duckerischen Hemmung. Vielleicht vor allem dort, denn sonst könnte ich sie ja bei anderen womöglich übersehen.

… verbauen?
Ja verbauen. Wie beim Text, wenn wir denken, dass wir eine Aussage  verstanden haben und dabei nur unsere Vorstellung davon in sie hinein übertragen haben.

… also psychologisch.
Ja klar. Zumindest. Und wenn wir Kunsthistoriker wären, wäre das auch eine notwendige Optik, oder Historiker, oder Juristen, oder Astronauten mit der Blickerfahrung auf unseren Globus, oder Kinder mit dem offenen Blick der Neugierde, oder bleiche Frauen mit Blutergüssen vom eingeschlossen sein und vom geschlagen werden, oder Theologen oder Sektenforscher, oder … ganz einfach nur offene Menschen, die noch vieles lernen möchten und vor allem nur sehen, dass sie überhaupt noch nichts sehen – und es sogar sich selber zugeben.

(Nach einer Pause) … Könnten wir wieder zum Stück zurückkommen? Inszenieren Sie es also mit einer gewissen eigenen menschlichen … “Sensibilität” oder Künstlichkeit so doch ziemlich der Geschichte nach.
Jein. Ich stelle mich auf den Standpunkt und habe es so erfahren, dass gute Stücke und Vorlagen alles bereits in sich bergen, und dass wir fähig sein sollten, unsere Optik daraus und damit zu formulieren. Mit einer gewissen optischen und musikalischen Qualität.

Bei einer Inszenierung oder Realisierung muss man aber doch auch einen gewissen und eigenen Zugang wählen …
Ja doch, klar. Wir erzählen die Geschichte so, und das ist eine Deutung, dass Isabella und Taddeo mit dem Schiff zum Beispiel nicht gefangen genommen werden von Haly, sondern, dass sie sogar zu weit in den Hafen hineinfahren, die Quaimauer durchbrechen und sich fangen lassen, die Güter (für Haly “die Beute”) bewusst als Geschenke mitbringen und sie auch bereitwillig-provokativ dort zurücklassen. Sie nehmen mehr mit zuletzt als sie je gebracht haben, neben dem heilen Leben und dem Liebhaber und den Sklaven nehmen sie Erfahrungen mit und Inhalte, die sie als Souvenir wieder gesellschaftlich vorzeigen und bei sich einsetzen können (“se mai torno ai miei paesi, anche questa è da contar” im Terzetto 14 im 2. Akt).

Also sind sie die Sieger auf der ganzen Linie?
Nein. Niemand ist Sieger, höchstens jene, die für sich einen Gewinn aus der Begegnung ziehen können. Ein Gewinn anderer Art, eine Hoffnung, eine Optik, ein Wunsch, ein Lebensimpuls. Nein unsere westliche Welt hat es sich ziemlich vermasselt, als Gewinner hervorgehen zu wollen – nur diese Einsicht könnte vielleicht wieder als Gewinn definiert werden. So haben wir den Italienern, den Westlern (wenn wir die so nennen wollen) ein ganz anderes als ein romantisches Schiff gegeben, wie es so oft oder bisher immer (?) in den Inszenierungen dieser Buffa gemacht wurde: bei uns kommen sie mit einem Riesendampfer und mit der absoluten Sicherheit des Erfolgs, wir nennen das Schiff “Titanica” … in einer gewissen Weise, und aus einem gewissen Abstand heraus betrachtet, ist das eine andere Opera Buffa, dass sie nicht wirklich sehr weit kommen mit ihrer Haltung. Aber das sagen wir nicht, das sehen wir, das kann sich unser Publikum kombinieren. Romantisches ist dabei überhaupt nichts. Die Komik dieser Oper ist eine feinere, so genau war Rossini – wir könnten sie heute als die ernsthafte Komik eines Buster Keaton nennen, oder eines Hundes oder einer Katze dem oder der wir irgend eine unnütze komische Schärpe umgebunden haben: sie gehen nach der ersten Gewöhnung vollkommen ernst und selbstverständlich mit der grössten Komik um, als wäre das das Natürlichste der Welt und sie würden ewig darin leben. Die Komik erzeugen erst wir Betrachter in unserer Fantasie. Ich hasse Komödien, die es sich lustig machen mit der Komik, sie sind so lächerlich. Und dumm. Ich suche die ernsthafte Komik und bin froh wieder einmal ein richtig leichtes, humoristisches, gültiges, hochmusikalisches, ja virtuoses Stück realisieren zu können. Dann inszeniere ich auch die Ouvertüre und rahme die Geschichte mit dem Traum von Mustafà ein, und inszeniere im CD-Tempo von Abbado, d.h. keine Verzögerung für irgendeinen technischen Umbau und wir sind in zwei Stunden null fünf plus Pause durch … das ist nicht gerade nur einfach dem Strang nachgegangen und ab Blatt inszeniert, wenn Sie verstehen was ich meine.

Das hört sich aber ziemlich begeistert an …
Ich bin auch begeistert von dieser Vorlage. Dem jungen, 21-jährigen Rossini ist hiermit ein Coup geglückt, das passiert nicht oft. Und in einer solchen Leichtigkeit. Wenn wir etwas davon erreichen dann bin ich der glücklichste Mensch, dann ist das die schönste Botschaft, die wir haben, für hier und für die Schweiz. Zum Lachen ist das nicht, zum sich Freuen aber sehr.

Sind Sie ein komischer Mensch? Entschuldigung, aber wenn man Sie sieht würde man es nicht sagen.
Ja, ich denke, ich bin ein sehr komisch veranlagter Mensch, und sehr zugänglich für richtigen, liebevollen Spass. Spass soll die Arbeit machen, leicht soll sie von der Hand gehen, Freude soll sie erzeugen und Liebe für den Moment. Man kann süchtig danach werden, und lachend, ja lächelnd mit den höchsten, technischen Schwierigkeiten umgehen, wie ein guter olympischer Spieler. Entschuldigung: Sportler.

En chantand …
Ja genau! Wie der chinesiche Drachenmaler in seinem hohen Alter.

Könnten wir zu den Menschen kommen, Ihre Kollegen oder Mitarbeiter/-innen, Sie machen doch hier eine solche Anstrengung, um die Frauen mitzumeinen …
Ja, das machen wir, manchmal ist es umständlich, aber wir respektieren dadurch vielleicht bewusster andere, spezifisch weibliche Bedürfnisse und Leistungen. Diese Erfahrung macht auch Mustafà, auch wieder komisch – wir sind noch nicht so weit weg nach 200 Jahren.

In einem anderen Gespräch sagten Sie mal, dass dieser Rossini der beste Mozart sei, könnten Sie uns diesen Gedanken, bevor Sie zu den Personen kommen, noch etwas genauer formulieren?
Einfach höchste Qualität. Bewusste Künstlichkeit, virtuos gesetzt. Mit einem langen Atem und mit viel Liebe und Geduld, so dass jeder Zuschauer und jede Zuschauerin (!) mitkommen kann. So offen, dass sich jede/-r darin widerspiegeln kann und die Personen im richtigen Sinn naiv lässt, damit das Publikum viel mehr entdecken kann als es erwartet. Das macht das gute Theater aus, dass man es immer wieder sehen möchte. Rossini kannte ja Mozart sehr wahrscheinlich wie kaum ein anderer damals und ohne ihm begegnet zu sein (er ist vier Monate nach seinem Tod geboren, eine also fast perfekte buddistische Reinkarnation), er hatte seine Werke studiert, insbesondere von “Le nozze di Figaro”, “Die Zauberflöte” (und auch von “Die Schöpfung”) schrieb er als 15-jähriger die Singstimmen ab, komponierte eine mögliche Begleitung dazu und verglich sie dann mit jener Mozarts (und Haydns). Wer hat eine solche Kompositionsschule schon durchgemacht aus eigenen Stücken und weil ihm das Geld und die Zeit für das weitere Studium fehlte? Man nannte ihn bereits als 12-jährigen den “tedeschino”, den kleinen Deutschen, und nicht weil er irgendwelche Brocken der deutschen Sprache kannte, und später kritisierte ihn selbst Angelo Anelli, der Librettist der “Italiana”, für diese “concertoni alla tedesca” wo “nel rumor stà la grand’arte” (wo im Lärm die grosse Kunst und Wirkung liegen soll). Und dann bemühte sich Anelli nach dem Erfolg auch mit klangmalerischen Wortschöpfungen. Das waren wichtige Eingriffe in das Libretto, die Rossini direkt oder womöglich als Gaetano Rossi vornahm. Das war Kauderwelsch! Die literarische Welt war damals von all diesen “patatim-patatum” noch weiter davon entfernt als wir es uns heute auch nur denken können. “Crà crà bumm” ist bei uns weit mehr als Comic-Sprache, und war es bei Rossini genialerweise auch schon, nur sah es noch keiner. Und so viele Noten … und dazu keine einzige zu viel.

Es gibt auch diese Geschichte der Freimaurer, die Mozart nach der Zauberflöte verschwinden liessen und er dann als Komponist aus einer Klosterzelle für Rossini schrieb.
Ja, diese Geschichte hat mehr Symbolwert, Messwert, Erwartungswert … als Realitätswert – sehr wahrscheinlich. Ich will nicht darüber deuten. Für mich zeigt sie nur das Genie da und dort, so und anders. Aus welcher Perspektive wir nach zweihundert Jahren zu Rossini hinauf oder hinüber schauen müssen. Faszinierend ist diese Freimaurergeschichte trotzdem, sie geht ja hier in der “Italiana” weiter, aber was soll’s … wie viele Engel haben Platz auf einer Nadelspitze? Zwei solche schon ganz sicher!

… Mitarbeiter, Erfahrungen hier, was nehmen Sie mit wenn Sie wieder fahren …
Ich will vier Personen nennen: Mit Léa Cohen sind wir bereits bei meinem ersten Besuch auch in die hiesige Philharmonie gegangen und haben dort einen jungen Dirigenten bei einer Probe kennen gelernt, natürlich kannte sie ihn bereits und seit langem: Nayden Todorov. So charmant und liebevoll wie er dirigierte, so genau er (auf Bulgarisch natürlich! ich verstehe jetzt noch kaum ein Wort aus dem schnellen Redefluss) die Musiker-Kolleg/-innen unterbrach und einleuchtende Änderungen bewirkte. Wie er bescheiden und mit einer körperlichen Kraft und gestischen Klarheit dastand und arbeitete, das hat mich fasziniert. Das Gespräch danach war dann sehr einfach. Ihn haben wir durch dick und dünn gegen jede Skepsis seitens der Opernleitung verteidigen können und er definiert und leitet jetzt das Projekt musikalisch. Sein Erfolg ist inzwischen unser Problem, er wurde zum Chefdirigenten der Philharmonie in Sofia und vor zwei Monaten als Intendant nach Russe gewählt und plagt sich jetzt mehr mit der dortigen Verwaltung ab als mit unserem Projekt – hier tankt er auf, sagt er. Nur für uns ist er zu viel abwesend.

Und wir sahen “König Hirsch” im hiesigen Nationaltheater, im Schauspielhaus. Wieder eine Entdeckung: Kein Wort verstanden und alles kapiert. Und ich hätte es auch begriffen wenn ich den Inhalt nicht gekannt hätte. So angeregt komme ich zu selten aus dem Theater. Bestes Schauspieltheater, in der Qualität und Poesie von Nekrosius und vom guten Lepage um nur mal Fremdsprachige zu nennen. Ausstattung Nikola Toromanov, unser Bühnen- und Kostümbildner, auch ihn kannte Léa Cohen bereits seit langem und hatte als Botschafterin in der Schweiz eine Ausstellung seiner Bilder in Genf veranstaltet. Ich wollte das Projekt damals noch mit einem Wiener Bühnenbildner realisieren, jetzt habe ich Nikola.

Dann unsere Vera Petrova, die Assistentin, eine jener wenigen Personen, die alles sind im Theater, vor allem Kraft und guter Geist, und alles wissen was das Haus zusammenhält, und leider auch sprengt. Mit ihren sehr guten familiären, italienischen Kenntnissen macht sie es erst möglich, dass ich diese sehr italienische Produktion überhaupt inszenieren kann. Neuerdings übersetzt sie mir sogar was ich ihr auf Italienisch sage – nur verstehe ich dann wiederum nur “Bulgarisch” …

Und Simeon Georgiev, der technische Leiter mit seiner Equipe, inkl. Swetlana die Leiterin der Kostümabteilung mit ihren Mitarbeiter/-innen. Beide machen sie mehr als nur gutwillig alles möglich, auch die Träume.

… und was nehmen Sie mit?
Das alles, beide Besetzungen und die Träume dazu … und ich hoffe, dass mein Schiff bei der Rückreise nicht zu sehr in kalte Gewässer kommt.

Danke!
Bitte!

Und “Toi Toi Toi”, sagt man das nicht so bei Ihnen?

.

Sofia, 13. Februar 2006

.

.

 

FEALAN – Die Dokumentation

.

FEALAN   Winterthur schreibt eine Oper

Das Projekt wurde von EYE-MIX Zürich begleitet und aufgezeichnet.
Produzenten und Redaktoren  Heinz und Regula Tobler

Die DVDs können hier bestellt werden: http://www.musikkollegium.ch/service/shop/cds-und-buecher.html

FEALAN – Winterthur schreibt eine Oper
Dokumentarfilm von Regula Tobler, 57:45 Minuten

.

Pressetext:

In Winterthur entstand in den letzten zwei Jahren ein einmaliges Jugendprojekt, das es in der Schweiz und in dieser Dimension auch international noch nie gab!

800 Kinder und Jugendliche aus Winterthur und Turbenthal erfanden, komponierten und führten eine Oper auf. 350 Darsteller auf der Bühne. 120 Kinder sangen im Chor. Altersdurchmischt von 6 – 17 Jahren, definierten und erlebten sie die Produktion von der Idee bis zu den Aufführungen, von der Ausstattung (Leitung Ruth Schürmann) bis zur Vermarktung (Leitung Cornelia Königslehner). Ein professionelles Team bestehend aus Autoren, Theaterpädagog/innen, Komponisten (Leitung Andreas Nick), Regisseuren (Leitung Gian Gianotti) stand ihnen zur Seite. Das Orchester des Musikkollegium Winterthur setzte die Musik Symphonisch um (Leitung Marc Kissóczy).

Das Musikkollegium und das Theater Winterthur haben dieses Projekt als mutiges Experiment zur nachhaltigen Förderung von Kindern in der Musik- und Theatererziehung veranstaltet. Herausgekommen ist ein einzigartiges, kulturelles Gesamtkunstwerk.

Der Film dokumentiert die farbenfrohe Entstehungsgeschichte der Oper. Im Mittelpunkt stehen Nicolas und Vanessa, zwei der jugendlichen Hauptdarsteller. Der Film begleitet ihre Hochs und Tiefs während der intensiven Probezeit, fiebert mit, wenn sie sich um ihre Rollen bewerben und ihnen das Erlebnis Oper unter die Haut geht.

Als eine der ersten HD-Produktionen im Reportagebereich schafft der Film mit seiner ausgesprochen hohen Bildqualität eine grosse Nähe zu den Akteuren. Produziert hat ihn die Firma EyeMix in Zürich. Filmautorin Regula Tobler hat die bewegendsten Momente eingefangen und lädt mit dieser Dokumentation zu einer aussergewöhnlichen Reise in die Opernwelt ein.

.

.

 

FEALAN, der Inhalt

FEALAN, Oper in drei Akten

Vorspiel im Theaterfoyer
Vanessa lässt sich ein elfenartiges Wesen auf den Rücken tätovieren. Eine Geschichte geht unter die Haut.

Erster Akt
Schausplätze: Internat Talfels, Blumenwiese beim Wasserfall

Im straff organisierten Schul- und Erziehungsbetrieb des Internats Talfels wehren sich die Kinder gegen die Diktatur der Direktorin und des Mathematiklehrers Brotmann. Im Protestsong kündigen sie ihren Streikbeschluss an, dem sich nur Vanessa, die neue Schülerin, und Nicolas nicht anschliessen. Diese suchen ihre Freiheit in der Natur beim Wasserfall. Wer sehr traurig ist und von diesem Wasser trinkt findet den Weg nach Elfiatopia …

Zweiter Akt
Schausplätze: Elfiatopia, Internat Talfels, Blumenwiese

… und da ist alles anders. Es herrscht keine Zucht, das Leben äussert sich in Bewegung, Musik und Farbe – und die Ordnung wird von der Königin der Elfen definiert: Fealan, die traurigste Elfe. Ihre Tränen fliessen als Wasserfall. Sie diktiert ihre Gesetze und verbietet sämtliche Bilder und Spiegel im Land, fördern sie doch die Eitelkeit und die Eifersucht. Vanessa findet hier Aufnahme und Freunde. Und sie wird weiterhin von Nicolas gesucht, der sie liebt aber doch seine Liebe zur Malerei nicht aufgeben will.

Dritter Akt
Schauplatz: Internat Talfels

Im Nu vergehen die Tage und die Schüler einigen sich zum Protest. Die Internatspolizei wird aggressiver, die Ordnungsmassnahmen strenger … so einigen sich Nicolas und Vanessa, die inzwischen die neue Königin der Elfen geworden ist, auf eine neue Strategie. Die Natur der Elfen soll in die Welt der Disziplin und Ordnung eingreifen, eine gerechtere Welt und bessere Freundschaften ermöglichen. Die Durchmischung gelingt, die Kerker des Internats öffnen sich und alle, auch die Kröten, die bestraften Elfen, werden wieder zu Elfen und Kinder.

FEALAN Beteiligte Kinder und Jugendliche

 

FEALAN  Beteiligte Kinder und Jugendliche

nach den Vornamen geordnet:

Aaron Gubler, Aaron Norrmann, Aderta Candan, Adnan Muric, Adrian Manzano, Adrian Romann, Agnesa Ahmeti, Agnije Redzepi, Aida Ndoye, Albert Murati, Albin Aljimi, Aleandra Gut, Aleksa Stojkovic, Aleksandar Pumpalovic, Alessandro Maz, Alessandro Stalder, Alessandro Weber, Alessandro Maschio, Alessia Di Febbo, Alessia Pace, Alessio Piccadaci, Alessio Marsicovetere, Alexandra Frei, Ali Abdul-Sater, Alicia Palagyi, Aline Meier, Aline Hamberger, Alketa Haziri, Almedine Ibraimi, Alperen Sevici, Amar Cerovac, Amir Osmani, Ana Carolina Mendes, Ana Claudia Da Silva Rodrigues, Andrea Wolfensberger, Andrea Lattmann, Andrea Lara Stanice, Andreas Stapf, Andreia Leitao Cardoso, Andrés Wolfensberger, Andri Steiner, Andy Bui, Anesa Kadrii, Ange Umyhoza, Angela F. Barbosa, Angela Martin, Angela Bekic, Angelo Vitali, Anina Zahner, Anja Steden, Anjana Gigi, Anna Heck, Anna Castellón, Anna Rivera, Annalena Tarpini, Annik Widmer, Anouk Wolf, Anthéa Devrim, Anuschka Schiess, Arbenita Ahmeti, Arber Krasniqi, Arbnore Zequiri, Argend Rusiti, Ariele Aurora, Arionita Beka, Arjana Begizati, Arlind Reshani, Armira Mustafi, Arta Zylfijaj, Ashley Schalch, Asma Ahmad, Atig Arain, Atreya Baumann, Aurelia Pallas, Aybike Sevici, Ayse Dilara Bayram

Barbara Lergster, Basil Truninger, Beatrix Müller, Ben Zacharias Steiner, Benedikt Häussler, Benjamin Bouchama, Benjamin Glaus, Benjamin Barth, Benjamin Meuter, Benjamin Barth, Berg Güler, Berivan Sagiroglu, Bernard Luca, Berton Kastrati, Besmir Zmajlaj, Beyza Aygün, Bhanujan Raveendran, Blerton Mehmeti

Camille Bosshard, Campanile Antonio, Can Satir, Can Ulucesme, Can Ali Akyol, Carina Mäder, Carmen Reymond, Carmine Maiorano, Caterina Falbo, Cécile Huber, Cécile Schenk, Celina Anker, Celine Dickes, Céline Stutzt, Cemre Erol, Charles Cheruparambil, Cheyenne Anker, Chiara Salimbeni, Chris Arnold, Christoffel Stampfli, Christoph Lissa, Chukie Chuchungjo, Claudia Koch, Cornelia Signer, Cristina Barbutto, Cyrill Kilian  Sommerhalder

Dalib  Hussein Haji, Dan Stucki, Daniela Milici, Darien Guntersweiler, Darija Veličković, Dario Borner, Dario Studer, David Giotta, Davide Scalese, Debora Raveendranathan, Defrim Krasniqi, Dejan Preskar, Delia Lagetto, Delvina Ahmeti, Denise Züblin, Derya Celik, Desiré Kiner, Diana Lajol, Diana Haziri, Diana Perini, Diego Pallas, Dilan Bulut, Dilara Sen, Dilara Sevici, Dimitri Schellenberg, Djellza Demi, Domenico Ciccone, Domenico Galati, Dominic Böhm, Dominic Dederding, Dominik Lübbers, Doresa Hulaj, Dorian Gerber, Driton Iseni, Dzeijla Ledinic

Edip Kojovca, Eike Remo Rhyner, Elea Nick, Elektra Langerweger, Elena Veraldi, Elias Schuhmacher, Elias Habegger, Elias Schuhmacher, Elias Rüegger, Elida Dzeladini, Elif Hira, Elisabeth Schirrmeister, Elmedina Kadrii, Emanuel Kägi, Emin Brahimi, Emina Mujanovic, Emine Salihi, Emir Zara, Emre Atak, Enea Vivarelli, Ercan Capar, Eren Aksoy, Erica Petroccia, Eron Shabani, Eron Drmaku, Erona Krasniqi, Erona Dzemailji, Eslem Bulut, Estany Bindzi Nkou, Esther Gut, Etienne Mégroz, Evelyne Bättig

Fabian Gnielka, Fabio Lama, Fabrice Rebetez, Faris Alicusic, Fatlind Redzepi, Fatos Tas, Fiona Signer, Firat Sun, Firat Kaylan, Flake Haziri, Flavia Schalcher, Flavian Rutishauser, Fleur Simone Hediger, Florian Lütolf, Florian Schäuble, Florian Zwicky, Florian Gerber, Flurin Pfister, Flutur Bytyqi, Fortan Dembogaj

Gabriel Ullmann, Gabriel Tanner, Gemma Signer, Gent Kqiku, Genti Ahmeti, Gentrit Krasniqi, Géraldine Eggimann, Gianna Regnani, Gianna Ratschli, Gilberto Lutz, Gina Hayer, Gina Signer, Gion Hayer, Giuseppe La Barbera, Gülse Arikan

Halil Rizvanovic, Halit Anici, Hanna Glaus, Hannah Dengler, Hannes Wäckerlig, Haris Ademi, Harriet Köhler, Harry Huldi, Harun Olgun, Hasan Yalcin, Helen Anderegg, Helen Baumann, Helene Baumann, Hope Ilosono, Huda Asipi, Hugo Magalhaes

Ian D. Studier, Ibrahim Salihi, Ijman Borsien, Ilaria Congiusti, Ilenia Polito, Imanuel Schulze, Inanna Leban, Isabel Kunz, Ismail Maric, Ivan Barbieri, Ivan Mojsilovic

Jade Armstrong, Jan Jaro Devaux, Jana Jost, Jana Schaf, Jana Ledergerber, Janik Spörri, Janine Blumer, Jarry-Ullah Zahid, Jasmin Huggler, Jasmin Stich, Jasmin Zwicky, Jasmine Selmani, Jelena Manojlović, Jennifer Hügli, Jenny Hitz, Jessica Gisler, Jessica Bär, Jessica Lang, Jessica Fischer, Jessica Badertscher, Jessica Petrozza, Jessica Holzach, Jessica Marsicovetere, Jinlong Gurtner, Jiyan Olgun, Jlija Bekic, Joel Roger, Joel Volger, Joel Möckli, Jomo Signer, Jon Went, Jonas Buchmann, Jonas Mäder, Jonas Buchmann, Jonas Peter, Jonathan Bühler, Joseph Ponticello, Josephine Schneider, Joshua Paris, Jovin Astl, Julia Furrer, Julia Musil, Julian David Walter, Julian Sackmann, Julian Bamert, Julian Haussmann, Julian Thalmann, Julien Löffel, Justin Erimodafe

Karin Lächler, Katja Brändli, Katja Boss, Katja Straub, Katja Arnet, Katja Bächli, Katja Gerber, Kemal Celebi, Kevin Straulino, Kevin Keller, Kim Schaffner, Kim Studier, Konstantin Bosshard, Kreshnik Zmajlaj, Ksenija Milovanović

Ladina Chiara Rütsche, Laila Lüthi, Laila Torres, Lara Kuhn, Lara Uehli, Lara Ott, Larissa Schindler, Larissa Giordani, Larissa Frei, Lars Hagen, Laura Salm, Laura Zellweger, Laura Schwab, Laura Kuster, Laura Quirici, Laura Schaffner, Laura-Michelle Albert, Laurin Wanner, Lauro Polli, Lea Schulze, Lea Spiegel, Leana Finger, Leandro Cesar Da Silva Rodrigues, Lejla Daljipi, Lena Kern, Leonardo Mastrogiacomo, Letetia Hardegger, Lia Buchli, Liadrit Bajraliu, Lidia Portello, Lilian Fraefel, Lina Ciaci Lisa Genc, Linda Isler, Linde Schill, Lisa Baumann, Lisa Günthart, Lisa Maria Schwarz, Livia Köller, Livia Jung, Lorenz Schwarz, Loris Lauria, Lotta Widmer, Louis Ambühl, Luca Miethlich, Luca Zubbiani, Luca Holenweg, Luca Butera, Luca Gallucci, Luca Toppan, Luca Rumo, Luca Nicola Zatti, Luisa Stückelberger, Lukas Walker, Lukas Walker, Lukas Kuhn, Lukas Hiestand, Luna Chenevard, Lynne Carole Hussel

Maalavan Kanagaratnam, Madlaina Benz, Magdalena Werner, Mailin Martinez, Maire Ibraimi, Malick Ndoye, Manuel Frohn, Manuel Strenge, Manuel Eugster, Mara Oliveira, Marc Hasler, Marc Chevalier, Marc Zollinger, Marc Vogel, Marcia Arbenz, Marcline Staub, Marco Hamberger, Marco Storchenegger, Marco Mühlebach, Marco Quirici, Marco Luongo, Margareta Nicolic, Margaux Rumo, Markus Geering, Maroan Hallal, Martina Friedrich, Martina Hafner, Martina  Mango, Matteo Pagamici, Matthias Flückiger, Maunavy Sivaneswaran, Maya Hauser, Mehmet Tas, Mehmet Kaya, Melanie Timm, Melanie Fuhrer, Melissa Hür, Melvina Pllana, Meret Striegel, Meret Heeb, Meret Schirrmeister, Meret Striegel, Mergime Haliti, Meriton Haliti, Micha Schuhmacher, Michael Muggli, Michael Adam Storz, Michal Muggli, Michel Olivier Peterli, Michel Peterli, Michelangelo Zangari, Michele Oppedisano, Michele Maschio, Michèle Gubler, Michelle Roduner, Michelle Rüegg, Michelle Zellweger, Michelle Campanile, Mikail Varis, Milena Ebneter, Mimoza Sejdiji, Mira Kqira, Mirco Willi, Mirjam Menzi, Miro Jorin Gubelmann, Miryam Draoui, Mischa Bartsch, Moe Manzanares, Mohamed Jammal, Montezer Al Amir Taha, Moritz Muhr, Moritz Winkel, Muhammed Ergen, Muriel Gubler, Muriel Barbara Tanner

Nadia Ulrich, Nadine Büttiker, Nadine Fankhauser, Naïm Rey, Naïma Naas, Nasiha Alicusic, Nathalie Bergundthal, Navleen Multani, Nemanja Ignjić, Nick Gerber, Nico Schiess, Nico Fischer, Nico Ascheron, Nico Kruschwitz, Nico Trachsler, Nico Polli, Nico  Suter, Nico Fabio Wagner, Nicola Aeberhard, Nicola Schaaf, Nicola Meier, Nicolas Lutz, Nicole Schweizer, Nilas Elia Krucker, Nina Keefer, Nina Clausen, Nina Keefer, Ninva Üstün, Nira Samarasinghe, Niwar Abdulrahman, Noah Ochsner, Noah Keller, Noah Rischter, Noah Weber, Noah Mazzocchitti, Noah Ott, Noah Went, Noah Leon Gubelmann, Noelia Perez, Noemi Fiorito, Noemi Däppen, Noémi Langmeier, Noma Abdulrahman, Nour Durmaz, Nova Rohrbach

Oliva Schilling, Oliver Brüngger, Olivia Graf

Pablo Schumacher, Pascal Gubler, Pascal Gubler, Pascal Meier, Passim Attoun, Patricia Bertschinger, Patrick Lüthi, Patrick Calori, Patrick Sanouvong, Patrizia Leon, Paul Zednik, Paula Christen, Pedro Nobres, Peter Lüling, Peter Aynalem, Philip Kellenberger, Philippe Bättig, Pia Kappeler, Plinio Steiner, Predrag Milosavljevic

Rafael Schöpfer Mendes, Ramin Renggli, Ramon Peyer, Ramona Ott, Ramona Fehr, Raoul Wyser, Raul Weidling, Rejhan Haliti, Renato Matteo Della Valle, Robin Häberli, Robin Wiedler, Roméo Chenevard, Ronja Romer, Rozerin Bulut, Rrezon Kadriu, Ruben Näf

Sabah Jemor, Sabrina Bisig, Sabrina May, Safa Kahriman, Salome Fehr, Salvatore Defelice, Samara Giulia Zatti, Samira Heigl, Samuel Schönholzer, Sandra Wehrli, Sandro Cesca, Sandro May, Sanja Tosic, Sara Wagner, Sarah Jannoun, Sarah Scheinholzer, Sebastian Hürlimann, Sebastian Wetter, Selim Kabak, Selina Schönholzer, Seline  Müller, Selma Hardegger, Semi Bey, Serafin Schoch, Seraina Rieder, Serge Wirz, Severin Wirz, Shana Rajni Pfrunder, Shayenne Carol Nydegger, Shirin Neukomm, Shpetim Kasumi, Shuwani Okere, Sidy Ouattara, Silas Muggli, Silvan Gerber, Silvana Grunder, Silvia Fiechter, Simon Ruckstuhl, Simon Wenger, Simon Graf, Simon Jenni, Simon Brühwiler, Simon Schaaf, Simon Giotta, Simon Bächli, Simon Iten, Simon Florian Heusser, Simone Callà, Sina Casagrande, Sina Felchli, Sina Lehmann, Sina Hallal, Siria Furter, Sladjan Nikolic, Smantha Epprecht, Sophia Mastrogiacomo, Stefan Bachmann, Stefan Durin, Stefan Petrovic, Stefan Lächler, Stefania Wipf, Stefanie Leuppi, Stephanie Schneider, Suheyla Yigitel, Svenja Schaaf, Sylvan Ott

Tamara Villarreal, Tara Nusha Pfrunder, Tarik Capar, Taylan Yilmaz, Teulant Hoti, Thaksiny Nagaratnam, Thomas Schafflützel, Thomas Lächler, Thomas Fässler, Tiago Xavier Pereira Magalhaes, Tijana Zivcovic, Tim Moser, Tim Astl, Tim Huber, Timm Bachofen, Timon Schwitter, Timon Herzog, Timon Bachem, Tobias Köhler, Tobias Bühler, Tobias Mäder, Tom Bucher, Tom Vogel, Tonio Steiner

Uneys Sinan, Uorsin Stampfli, Ursina Braun, Ursina Ochsner, Ursina Flavia Krebs

Valdet Berati, Valentin Hug, Valentina Romagnuoio, Valon Maliqi, Vanessa Hauser, Vanessa Uka, Vera Minder, Vera Roost, Vera Jäggi, Veronica Lopez, Veronica Leuenberger, Veronique Schwengeler, Véronique Rebetez, Vincent Hendriks, Visar Ljodza, Vivian Wegmann, Vivienne Dosoo, Volkan Atak

Wan-Ling Chen, Wan-Rong Chen, Winona Fuhlrott

Xenia Kägi

Yagmur Gönc, Yanik Felber, Yannick Ott, Yener Kilic, Yoko Dusek, Yuliya Solodovnykova

Zakay Üre, Žaklina Djordjević, Žaklina Rodić, Zegna Caplazi, Zelal Olgun, Zilan Erbasli, Zoe Grob

 

 

 

TW Begrüssung, 2000-2001

Willkommen im Treffpunkt Theater

 

Aus zwei Gründen haben wir uns entschieden, als neue Geschäftsleitung des Theaters Winterthur, Sie gleich auf dem Titelblatt zu empfangen. Erstens freuen wir uns auf den Kontakt mit unserem Publikum und wollen gerne Ihre Ansprechpartner für Fragen, Ideen, Anregungen und Wünsche sein. Und zweitens wollen wir mit dieser einladenden Geste verdeutlichen, wohin wir das Theater führen wollen. Ein offenes, einladendes Haus soll es sein, offen für alle Generationen und für eine Vielfalt von Theaterformen. Ein lebendiger Treffpunkt Theater.

Dazu gehören – natürlich im Zentrum der Aufmerksamkeit, also auf der Bühne – in erster Linie die Künstlerinnen und Künstler aus der Schweiz, aus Europa und aus der ganzen Welt. Dazu gehört aber auch das Publikum! Nicht von ungefähr hat das Theater seinen Namen im alten Griechenland vom Zuschauerraum erhalten, dem “theatron”.

Als Hommage ans Theaterpublikum haben wir deshalb beim jungen Winterthurer Fotografen Stefan Kubli eine Bildserie in Auftrag gegeben. Wir hoffen, dass Sie an den Bildern und am Heft Freude haben und es kaum erwarten können, bald selber wieder bei uns im Theater zu sein.

Der vorliegende Spielplan trägt noch einmal ganz die Handschrift von Alex Freihart. Ein schönes, wie immer qualitativ hochstehendes und im wahrsten Sinn des Wortes ausgesuchtes Abschiedsgeschenk an ein Publikum, welches in ihm in den vergangenen 15 Jahren einen sehr geschätzten Theaterleiter hatte. In diese Ära fällt mit den 80er Jahren die mit Abstand erfolgreichste Zeit des Hauses. Das Theater Winterthur ist in der Schweiz weiterhin das Gastspielhaus mit den meisten Produktionen und Zuschauern und mit dem Theater Basel das Theatert mit den meisten Abonnentinnen und Abonnenten überhaupt.

Daran wollen wir als neue Geschäftsleitung anknüpfen, wie wir auch sonst nicht alles umkrempeln wollen. Doch Neuerungen braucht es und es wird sie geben. Dazu haben wir die “Positionierung 21” formuliert. Sie dürfen uns beim Wort nehmen.

Begrüssen Sie also mit uns die neue 21. Spielzeit und helfen Sie mit, das Theater Winterthur als lebendigen Treffpunkt Theater zu erhalten und zu gestalten.

Herzlichst
Die Geschäftleitung

Peter Wehrli, Gian Gianotti, Christian Hirt

Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge – Pressestimmen

 

Donnerstag 16. August 2001, SN Schaffhauser Nachrichten, Region
Das «Gesamtwerk» zur Jahrhundertfeier

Das Schaffhauser Sommertheater feierte am letzten Sonntag mit seinem neusten Stück Premiere. Eine Besprechung.

Von Rita Wolfensberger

Der besonders festliche Anlass zum heurigen Sommertheatersujet hat die Zusammenarbeit mit dem Theaterforum Zürich aus zwei Gründen bedingt: Zum einen feiert auch Zürich sein grosses, freilich noch viel stattlicheres Jubiläum der Zugehörigkeit zum Bund der Eidgenossen (650 Jahre), und zum zweiten wurden für die Durchführung der ambitiösen Idee vor allem Berufsmusiker benötigt, die zur Hauptsache von den Zürchern bereitgestellt werden konnten. Denn der Stoff des Stückes «Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge» umfasst mehrere Dimensionen.

Tiefgründige Aspekte
Allem voran wird hier über «das Sicherheits- und Schutzdenken in der Schweiz» nachgedacht. Aber die Gedankenfülle, welche die Collage zu bieten hat, reicht weit über die helvetischen Grenzen hinaus und stammt ausserdem aus mehr als fünf Jahrhunderten – viel mehr, wenn man die wenigen Bibeltexte und das alte Kyrie noch dazurechnet. Eine menschheitlich umfassende Grundbefindlichkeit wird da in schillernden, vor allem aber tiefgründigen Aspekten heraufbeschworen, die wechselweise religiösen, kämpferischen und sogar blasphemischen Charakter annehmen kann (Letzteres zum Beispiel in jenem bösen Text von Karl Kraus, der das Gebot der «Feindesliebe» ruchlos zu kriegerischen Zwecken ins Gegenteil verkommen lässt). Dann: Zu Angst und Schrecken das Gegenstück von Hoffnung, Glaube, Träumen (zauberhafter Ikarus), schliesslich der konkrete Einbezug der inspirierenden Möglichkeiten der Munot-Kasematte, die sich als idealer Aufführungsort entpuppte.

Gian Gianotti hat den immensen Stoff zusammengestellt und mit einer Inszenierung bedacht, die die Gegebenheiten des Ortes zu Wirkung kommen lässt: Drei Zuschauertribünen umgeben das Zentrum der Kasematte, in der in wechselnden Gruppierungen gesungen, gespielt und rezitiert wird. Eine Schar von Statisten, die auch als Choristen in Erscheinung treten, verkörpern auf suggestive Weise das Volk, das von überall her überall hin durch die Räume wandert. Selbst das Neunuhr-Geläute des Munotglöckleins wurde in den minutiös berechneten Gesamtablauf einbezogen. Die Lichtregie von Rolf Derrer untermalt je nach Bedarf in Blau- und Orangetönen das Geschehen und lässt es am Schluss gänzlich in totale Finsternis versinken.

Viel Text wurde teilweise rezitativisch, teilweise melodramatisch untermalt von Monika Dierauer vorgetragen, die mit beeindruckendem Stimmvolumen eine grosse Skala von Sprechtypen zu verwenden wusste: Vom schnell vor sich hin gemurmelten Selbstgespräch (z. B. dem Monolog zu Zen-Buddhismus und Psychoanalyse von Erich Fromm) über Berichterstattungen eines Chronisten bis zu leidenschaftlichen und hochpathetischen Ausbrüchen war ihr alles verfügbar.

Und dann die Musik: Matthias Weilenmann hat sich in seiner Auswahl, gleichsam im Zeitraffer über fast ein Jahrtausend hinweg, auf drei entscheidende Epochen beschränkt: Das «Kyrie» von Hildegard von Bingen rahmte und gliederte die Aufführung, Gesänge von Schütz, Schein, Scheidt und Senfl markierten die Epoche des Dreissigjährigen Krieges; jene der Zeit, in der unser Munot entstanden ist. Und die Uraufführungen von Stücken der Zeitgenossen Martin Derungs – der Vertonungen aus seiner romanischen Heimat beibrachte – und Fabian Neuhaus symbolisierten unverkennbar die Gegenwart: In der in kurze Bruchstücke unterteilten Musik von Derungs, die keinen Titel trägt, sondern nur in «Teilen» aufscheint, lebt das Symbolische, der jeweilige Hinweis, der affektive Moment prägend und suggestiv auf. Neuhaus bedient sich auch elektronischer Hilfen und vermag in knapper Zeitspanne Eindrücke von geräuschhaftem Chaos bis zu kunstvollen Einzelwirkungen ein enormes Klangspektrum zu durchlaufen.

Hochkarätige Interpreten
Die Interpreten waren ausnahmslos hochkarätig – die Sänger Martina Fausch, Kelly Landerkin, Alkira Tachikawa, Tino Brütsch und Michael Raschle bewiesen mit einer äusserst präzisen, kaum vibrierten und intervallsicheren Gesangstechnik, wie sehr die Beschäftigung mit atonaler Musik die Qualität für das Singen von Renaissancegesängen fördert. Man hörte in beiden total konträren Stilrichtungen vollkommene Intonationen und Akkordreinheit. Und die Instrumentalisten waren offensichtlich in der hochdifferenzierten Tonsprache der beiden Komponisten zu Hause; im Ensemble wie in mehreren hervorragenden Soli trugen sie, sicher geleitet von Matthias Weilenmann, zu einem vollen Erfolg dieser Premiere entscheidend bei.

Weitere Aufführungen:
heute, 17., 19., 23.-26. und 30., 31. August sowie 7.-9. Sept; jeweils 20 Uhr (sonntags 18 Uhr).

.

AZ, Schaffhauser Arbeiterzeitung, 16. August 2001 
Mystische Stimmung in den Kasematten

Für seine 18. Produktion ist das Sommertheater eine Kooperation mit dem Theaterforum Zürich eingegangen, und gleichzeitig stellt es sich dem Thema Zugehörigkeit zur Eidgenossenschaft.    Während Schaffhausen erst vor 500 Jahren zum Bund stiess, kann der Kanton Zürich bereits die 650-Jahr-Feier begehen. Das Stück wird nach Schaffhausen auch in Winterthur, Zürich und Uster aufgeführt werden.

Barbara Ackermann

Punkt 20 Uhr hebt die Sopranistin zum «Kyne» an. Während ihre kräftige Stimme den Raum füllt, ertönt aus der Ferne, wie ein Echo, die Antwort des unsichtbaren Chors, von irgendwoher rieseln die Töne herab, geheimnisvoll, verzaubernd. In diese Stimmung hinein tritt die Sprecherin und deklamiert einen Auszug aus dem Schaffhauser Bundesbrief von 1501. Womit wir mitten drin sind im Thema. Es geht bei diesem Sommertheater, das eigentlich weniger ein Theater denn eine Collage aus Musik und Text ist, im weitesten Sinne um Heimat respektive um die Sicherheit, die einem eine Heimat geben kann.

Die zitierten Textfragmente, unter anderem von Luther, Erich Fromm, General Guisan, Leonardo da Vinci oder Federico Fellini, handeln vom Schutzbedürfnis der Menschen, von Verfolgung, Krieg und Angst, aber auch von Hoffnung. Und die Musik greift die Stimmung der gesprochenen Worte auf und nimmt zugleich Bezug auf die Zeit, in der sie geschrieben wurden, oder auf die Aussage. Mal wähnt man sich als Zuschauerin im Mittelalter, sieht im Chor, der auch die Statistenfunktion übernimmt, das rechtlose, geknechtete Volk, dessen einzige Hoffnung in Gott ruht. Dann wieder verwandeln sich die Kasematten in ein Schlachtfeld, die Stimmung wird aggressiv, aus dem Klagen fast eine Drohung. Beinahe traumhaft leicht sind andere Szenen, das Gesicht der Sprecherin leuchtet, wenn sie vom Fliegen erzählt oder ein Heimkehr-Gedicht zitiert.

ZENTRALE FUNKTION DER MUSIK
Die Musik hat eine zentrale Funktion. Sie begleitet nicht nur, sondern sie unterteilt auch und setzt Kontrapunkte, wobei sich moderne Kompositionen und geistliche Chormusik ganz erstaunlich gut ergänzen. Daneben spielen die Beleuchtung und die Choreographie der Bewegungen eine sehr wichtige Rolle bei dieser Theaterproduktion. Das Licht ist schlicht genial; mal präsentieren sich die Kasematten düster und geheimnisvoll, dann wieder fast surreal abgehoben – man könnte sich in einem Ufo wähnen. Einmal flackern Kriegsfeuer in der Ferne, später wird das Licht warm und weich. Und im Hintergrund zieht der Chor seine Runden, tritt entweder als geballte Menge oder eher individuell in Erscheinung.

Schattenbilder ziehen über die Wände. Eine farb- und konturlose Masse huscht umher, um plötzlich, wenn das Licht auf sie fällt, zum einem bunten Haufen zu werden. Nie weiss der Zuschauer ganz sicher, aus welcher Ecke und wie ihm das Volk als Nächstes entgegentritt. Aber auch die Musiker wechseln immer wieder ihre Plätze, und jede Bewegung scheint genauso wohl gesetzt wie jeder Ton. Alles ist der Regie unterworfen, so präzise, dass selbst das Munotglöcklein seinen Platz im Spiel hat.

Dieses Sommertheater ist ein Genuss für alle Sinne, sofern man bereit ist, sich von der Vorstellung eines Spiels mit einem Handlungsfluss zu lösen und sich auf Stimmungen, auf Gefühle einzulassen. Dass diese Stimmungen auch im Zusammenhang mit dem Aufführungsort zu spüren sind, weiss die Spielleitung. Es wäre deshalb sicher spannend, eine zweite Aufführung zu besuchen, zum Beispiel in der Kirche in Uster.

.

Donnerstag 23. August 2001, SN Schaffhauser Nachrichten, Region
Kopf der Woche: Matthias Weilenmann,

musikalischer Leiter des Sommertheaters zur Person

Alter: 45 Jahre
Zivilstand: verheiratet, 3 Kinder: 10, 12 und 18 Jahre
Wohnort: Zürich
Hobbies: Lesen, Fussball, Tischtennis, Laufen und Jazz
Aktuelle Lektüre: Hölderlin-Gedichte, Krimi von Mankell

«Mein grosses musikalisches Vorbild ist Nikolaus Harnancourt» Matthias Weilenmann bringt alte und neue Musik in einen spannungsreichen Zusammenhang.

Von Edith Fritschi

«Natürlich war ich nervös, ob das Projekt beim Publikum ankommen werde», gesteht Vollblutmusiker Weilenmann. Schliesslich hat er, zusammen mit Regisseur Gian Gianotti, fast eineinhalb Jahre für «Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge», gearbeitet. Nun ist die Premiere vorbei, und die Collage, für die er vom Regisseur eine «Carte blanche» bekommen hatte, fand Anklang. Der Spezialist für alte Musik hat sich nicht zum ersten Mal an ein Projekt gewagt, das alte und neue Musik kontrastiert und gleichzeitig in einen sinnvollen Zusammenhang bringt. Sein grosses musikalisches Vorbild ist Nikolaus Harnancourt, mit dem er erstmals 1975 in einer Monteverdi-Produktion zusammenarbeitete. «Seither konnte er immer wieder mal bei dem Musiker mitwirken, der mir zum tieferen Verständnis für jene Epoche verholfen hat». Weilenmann, Studienleiter für alte Musik an der Hochschule Zürich, zehn Jahre lang als Chorleiter in Zürich tätig, konnte für die Sommertheaterproduktion seine Kontakte nutzen und fand genau die Musiker, die seinen Besetzungswünschen entsprachen: Ehemalige Studenten, Studienkollegen, die jetzt Berufsmusiker sind, oder Studenten.

Musiker wollte er schon immer werden. Mit etwa vier Jahren begann er Blockflöte zu spielen und blieb dem Instrument treu. So studierte er bei Conrad Steinmann in Winterthur und machte danach das Solokonzertdiplom bei Walter van Hauwe in Amsterdam. Auch seine Vorlieben für frühe Musik vor 1750 und die Moderne nach 1950 standen bald fest. «Die Balance zwischen den Epochen ist für mich auch zu einer Art Lebenswegweiser geworden» sagt er. Denn die Musik sieht er einerseits «als Abbild ihrer Zeit» und gleichzeitig als Inbild eines Werkes, das emotionale Berührungspunkte zulässt. Und die Texte spielen für ihn eine zentrale Rolle. Insofern drückt die Collage, die er zusammengestellt hat, auf der intellektuellen Ebene Chaos, Rückzug, Sehnsucht, Angst und Schutzbedürfnis aus und stellt eine Art Spiegel der Epochen dar. «Musik ist für mich aber auch eine Insel, wo ich mich vom Rest der Welt loslösen kann», sagt er. Auch im Alltag hat er viel mit Musik zu tun. Seine Frau ist Flötistin (und spielt im Sommertheater mit), und alle Kinder spielen ein Instrument: Klavier, Violine und Cello. Das reicht für ein kleines Hausorchester. Trotz der Aktivitäten kommt er noch dazu, Konzerte zu besuchen oder eine CD zu hören. Ein Ausgleich sind die sportlichen Aktivitäten: «Sie haben etwas mit Rhythmus, Spannung und Entspannung zu tun», sagt er über seine Affinität zu Ballspielen. Und so erklärt er seinen Studenten manchmal, dass das Spielen von Corelli-Verzierungen auch viel mit dem Hüpfen eines Balles zu tun haben kann.

.

INFORMATION SZENE SCHWEIZ:
Gian Gianotti: «Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge»
Collage zum Sicherheits- und Schutzdenken der Schweiz

«Musik-szenische Einrichtungen mit Texten zum Sicherheits- und Schutzdenken in der Schweiz» nennt Gian Gianotti seine Collage «Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge». Das Titelzitat stammt aus einer Motette von Heinrich Schütz; in seiner Bitte «Sei mir ein starker Hort, dahin ich immer fliehen möge», entstanden unter dem Eindruck des Dreissigjährigen Krieges, fleht er den Herrn, auf den er traut, um Hilfe an. Zu hören ist diese Musik, sind andere Musikstücke aus alter Zeit und aus der Gegenwart, sind Texte aus dem selben Zeitraum nun in der Kasematte des Munots, jener Festung, die nach der Befestigungslehre des Albrecht Dürer zu Nürnberg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts über Schaffhausen gebaut wurde. Präsentiert wird die Co-Produktion von theaterforum Zürich und Sommertheater Schaffhausen dort bis in den September im Rahmen der Feierlichkeiten der Zugehörigkeit Schaffhausens zum Bund, später zur 650jährigen Zugehörigkeit Zürichs zum Bund in Uster, Zürich und Winterthur in speziell für die Spielorte erarbeiteten Fassungen.

Von Hansueli W. Moser-Ehinger

Gianotti macht es sich, den anderen Beteiligten und dem Publikum alles andere als leicht: seine Text- und Musikcollage ist kein «Stück» im landläufigen Sinn: seine «Handlung» muss sich, wer ihm folgt, selber herausschälen aus den Texten von – die Liste folgt dem Programmheft – Jürg Amann, Albert Bachmann, Hermann Broch, Luisa Famos, Erich Fried, Georges Grosjean, Henri Guisan, Karl Kraus, Leonardo da Vinci, Heinrich Leuthold, Martin Luther, Gabriela Mistral, Friedrich Nietzsche, Arnold Ott, Pier Paolo Pasolini und Rainer Maria Rilke; die Musik stammt von Hildegard von Bingen, Samuel Scheidt, Heinrich Schütz und Ludwig Senfl sowie – und das ist ein gewichtiger Part – von zwei Zeitgenossen, dem Bündner Martin Derungs und dem Aargauer Fabian Neuhaus, die beide Kompositionen aus diesem Anlass geschaffen haben. Gian Gianotti zeichnet für Regie und Räume, Matthias Weilenmann für die musikalische Leitung, Barbara Wirz für die Kostüme, Rolf Derrer für das Lichtkonzept. Die Sprechtexte sind Monika Dierauer anvertraut, als Sängerinnen und Sänger wirken der Tenor Tino Brütsch, die Sopranistinnen Martina Fausch und Kelly Landerkin, der Bassist Michael Raschle und der Altus Akira Tachikawa, und das Orchester besteht aus Monika Baer (Violine), Julian Behr (Theorbe), Nicola Cumer (Tasteninstrumente), Mario Huter (Violine), Felix Knecht (Violoncello), Giuseppe Lo Sardo (Violone), Katharina Lugmayr (Blockflöte), Jessica Marshall-Horsley (Viola da gamba), Dagmar Weilenmann (Blockflöte) und Martin Zeller (Viola da gamba). Allein schon die Nennung der Stimmen und der Instrumente lässt erkennen, dass da – auch bei der «alten» Musik – nicht auf Trampelpfaden spaziert wird. Die musikalischen Partien sind extrem anspruchsvoll nicht zuletzt bei den neuen Werken. Martin Derungs schrieb einen Zyklus von 37 solistischen bis 15stimmigen, teilweise kürzesten «Partikeln», aus denen er die Auswahl als verbindende Elemente den Ausführenden überliess. Fabian Neuhaus komponierte zwei Intermedien von neun und sieben Minuten völlig anderer ästhetischer Konzeption. Ist die Interpretation zeitgenössischer Musik an sich schon eine Herausforderung – die Souplesse, mit der Instrumentalisten und Vokalisten die stilistisch geradezu abgrundtiefen Wechsel meistern, ist schlicht bewundernswert.

Enorme Differenzierungen bewältigt auch die Sprecherin Monika Dierauer – beachtenswert nicht zuletzt auch darum, weil sie sich der Texte ja nicht nur in ihrer akustischen Dimension anzunehmen, sondern sie auch gestisch und mimisch zu meistern hat: kein leichtes Unterfangen nicht zuletzt deshalb, weil der Spielraum, das nach hinten zum Aufgang zur Zinne offene Rechteck auf nicht weniger als drei Seiten von Zuschauerrampen flankiert ist und in seiner Struktur als «bombensicher» ummauerter Turmkern auf alles andere als auf die Gegebenheiten eines Theaterraums ausgerichtet ist.

Einige Bedeutung misst die Inszenierung Gian Gianottis auch dem Chor zu: 16 Frauen und Männern, die er zum Teil als Sprech-, zum Teil als Bewegungschor einsetzt, aber immer wieder auch einzeln aus dem Kollektiv herauslöst. Mit der Interpretation der chorischen Interventionen habe ich offen gestanden einige Probleme: sie haben sich mir jedenfalls bei der ersten Begegnung mit der Produktion nicht völlig erschlossen. Bloss: das scheint mir im Detail auch gar nicht so wichtig; dass die Texte im Programmheft abgedruckt sind, lässt unerkannte Feinheiten im Nachhinein erkennen. Ganz abgesehen davon: bisweilen macht ja den Reiz eines Rätsels nicht zuletzt auch aus, dass es nicht auf Anhieb zu lösen ist…

Von der Konfrontation verschiedener musikalischer Auffassungen war schon die Rede. Sie findet ihre Entsprechung auch in der Textcollage – beispielsweise, wenn der Chor in die Rezitation von Erich Frieds Gedicht «Die Zeit der Steine» Passagen aus dem berüchtigten Zivilverteidigungsbüchlein von Georges Grosjean und Albert Bachmann einflicht, oder wenn Leonardo da Vincis Schreiben an Ludovico Sforza mit Zitaten aus Henri Guisans Geleitwort zu «Niedwaldens Freiheitskampf 1798» von Konstantin Volkinger konfrontiert wird. Der Reiz solcher Gegenüberstellungen liegt nicht, wie das auch möglich wäre, in der Abwertung des einen Texts durch den anderen, sondern im Gegenteil in der Akzentuierung beider als Ausdruck eben der Entwicklung (oder auch des Stillstandes…) des Sicherheits- und Schutzdenkens in der Schweiz. Andere Texte beschwören aus sich selber heraus Hoffnung und Sehnsucht – oder öffnen Abgründe, etwa mit dem Predigttext, den Karl Kraus in «Die letzten Tage der Menschheit» dem Superintendenten Falke in den Mund legt: «Das Gebot der Feindesliebe hat für uns auf dem Schlachtfelde gar keine Bedeutung mehr. Das Töten ist in diesem Falle keine Sünde, sondern Dienst am Vaterlande, eine christliche Pflicht, ja ein Gottesdienst!»

Alle diese Elemente sind in dieser Inszenierung bis ins letzte Detail austariert – mit jener präzisen Lebendigkeit, die dem Ensemble sogar erlaubt, das Stundenläuten der Munotglocke als akustische Zäsur in der Mitte des Abends zu nutzen.

Zu den Reizen der Produktion wird zweifellos gehören, wie das, was in der Kasematte des Munot hinter dicksten Mauern spielt, sich später präsentieren wird im Kirchenraum von Uster, im Konzertsaal der Musikhochschule in Zürich oder im Theater Winterthur am Stadtgarten – in vier Räumen also, die allein schon durch ihre auf andere Bestimmung ausgerichtete Konzeption die Wahrnehmung der Produktion verändern werden. Das gilt nicht nur für das offensichtlichste optische «Signal»: die weissen Fahnen, mit denen der Wehrturm sich gewissermassen zum Paradox seiner selbst macht.

.

TA Tages-Anzeiger; 2001-10-06; Seite 21, Region
Suche nach Stärke und Zukunft

“Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge” – unter diesem Titel steht ein sehr aktuell gewordener Beitrag zum Kantonsjubiläum.

Von Peter Früh

Der Kanton Zürich ist 650 Jahre beim Bund, der Kanton Schaffhausen 500 Jahre. Dies haben das Schaffhauser Sommertheater und das theaterforum Zürich zum Anlass einer Gemeinschaftsproduktion genommen. Musikszenische Einrichtungen mit Texten zum Sicherheits- und Schutzdenken in der Schweiz nennt sich die Produktion, deren Titel ein Zitat aus einer Motette von Heinrich Schütz ist. Ein Zeichen der Suche nach Sicherheit, nach Stärke und Zukunft war es, dass sich vor 500 und 650 Jahren die Städte und Regionen zusammenfanden. Die Produktion beschlägt mithin ein Thema, das in den letzten paar Wochen an unerwarteter Aktualität gewonnen hat.

Anspruchsvolles Programm

Im Sommer hatte die Eigenproduktion auf dem Munot in Schaffhausen ihre Erstaufführung, gestern Freitag wurde sie in der reformierten Kirche Uster erstmals auf zürcherischem Boden dargeboten. Regisseur Gian Gianotti hat für das Programm verschiedene Texte und Musikkompositionen aus dem 16./17. Jahrhundert und der Gegenwart oder der jüngsten Vergangenheit dramaturgisch zusammengestellt. Von Hildegard von Bingen und Heinrich Schütz bis zu den zeitgenössischen Schweizer Komponisten Martin Derungs und Fabian Neuhaus reicht die musikalische Spannweite, jene der zitierten Texte reicht vom Zürcher Bundesbrief von 1351 bis zu Reden von General Guisan und dem Zivilverteidigungsbüchlein aus dem Kalten Krieg. Ein spannungs- und anspruchsvolles Programm, das aber nicht bloss akustisch nicht eben leicht verständliche ist und an die Aufmerksamkeit des Publikums erhebliche Anforderungen stellt.

Das professionelle, junge Ensemble besteht aus fünf Gesangssolistinnen und -solisten, zwölf Instrumentalistinnen und Instrumentalisten sowie einem kleinen Chor; die musikalische Leitung hat Matthias Weilenmann. “Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge” wird heute Samstagabend, 19.30 Uhr, nochmals in der reformierten Kirche Uster aufgeführt, am 19. und 20. Oktober im Saal der Musikhochschule in Zürich und am 15. und 16. November im Theater am Stadtgarten in Winterthur. In den vier ganz unterschiedlichen Aufführungsorten sieht Gian Gianotti die künstlerische Chance, wichtige Aspekte seines Themas im passenden Kontext besonders zur Geltung zu bringen: In der Kasematte des Munots in Schaffhausen falle die militärische Propaganda ganz anders auf als in der Kirche, wo dafür die religiösen Inhalte ganz anders assoziiert würden. Und im Konzertsaal würde die Musik, aber auch die Texte wiederum ganz anders klingen, und im Theater schliesslich schiebe sich die theatralische Dimension in den Vordergrund.

BILD BEAT MARTI

In der Jubiläumsaufführung ist auch Krieg ein Thema.

.

Der Zürcher Oberländer, ZO, 8.10.2001
Beklemmend und hochaktuell

Das Theaterprojekt «Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge» in Uster

Aus Anlass der Jubelfeiern in Schaffhausen und Zürich haben sich die Kräfte Theaterschaffender aus beiden Kantonen um den Regisseur Gian Gianotti zu gemeinsamem Tun vereinigt. Am Wochenende kam in der reformierten Kirche von Uster «Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge» zur Erstaufführung.

Als vor rund zwei Jahren die Idee geboren wurde, das Schutz- und Sicherheitsdenken der Schweiz musikszenisch zu durchleuchten, konnte kein Mensch ahnen, welche Aktualität und Brisanz dem Thema nach den Ereignissen der jüngsten Vergangenheit zukommen würde. Fragen um die Bedeutung von Sicherheit sind heute in aller Munde. Der Sonderfall USA existiert ebenso wenig wie der Sonderfall Schweiz. Absolute Sicherheit ist eine Illusion. Es gibt ihn nirgends, diesen Hort, der sie garantieren könnte. Dass aber gerade Sicherheit seit jeher zu den Grundbedürfnissen der Menschheit zählt, diese Tatsache rückte das Theaterprojekt «Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge» überdeutlich ins Bewusstsein.

Eindringliches in Wort und Ton
Textfragmente in Beziehung gesetzt zu Musik, poesievoll-zart oder hämmernd- hart, in jedem Fall unerhört eindringlich und beklemmend. Wundervoll, wie das «Kyrie» von Hildegard von Bingen den Abend behutsam mit weichen Armen umschliesst. Einen Abend, der, was das Ustermer Publikum betrifft, vielleicht eine Spur zu elitär und abgehoben daher- kam, der aber übers Ganze gesehen unmissverständlich klar machte, wie wenig sich im Laufe von mehreren Jahrhunderten, trotz Humanismus, Aufklärung und technischem Fortschritt, geändert hat. Krieg, Zerstörung, Leid, Angst, Not und Grauen auf der einen Seite, auf der anderen die Suche nach Schutz und Geborgenheit, alles wie gehabt.

Was sich freilich geändert hat, sind Stil und Form, welche Künstler wählten, um ihrer Zeit einen Spiegel vorzuhalten. Sind dem Durchschnittshörer die Ausdrucksmittel eines Heinrich Schütz, eines Samuel Scheidt oder eines Ludwig Senfl vertraut, so mussten ihm die experimentell anmutenden Klangwelten eines Fabian Neuhaus verschlossen bleiben. Unter die Haut gingen die Kompositionen von Martin Derungs, welche sich in kurzen Sequenzen ausgezeichnet ins Ganze fügten und dank Substanz und Emotionsgehalt ansprachen.

Sehr gute Ensembleleistung
Dem Konzept Gian Gianotti s folgend, sollte der Raum und seine Geschichte in das Geschehen einbezogen werden. In der reformierten Kirche Uster ein schwieriges Unterfangen, das den Mitwirkenden einige Probleme aufgab. Monika Dierauers intensive, melodramatische Textgestaltung litt unter der halligen Akustik. Nicht alles, was sie zu sagen hatte, konnte verstanden werden. Das Sängerensemble, bestehend aus fünf hervorragend aufeinander abgestimmten Vokalsolisten, agierte, bei keineswegs optimalen örtlichen Bedingungen, mit bewundernswerter Souveränität, und auch die Musiker und Musikerinnen zeigten sich, Standort unabhängig, allen Anforderungen, die an sie gestellt wurden, gewachsen. Matthias Weilenmann, ein Könner der Sonderklasse, hielt mit kantig-expressivem Dirigentengestus die Fäden des musikalischen Ablaufs in fester Hand. Schade, dass dem Bewegungs- und Sprechchor nur knappster Spielraum zur Verfügung stand und er sozusagen auf verlorenem Posten zu kämpfen hatte. Kritische Fragen in Bezug auf die Nutzung des Raums, der durch den Einbau von Podesten künstlich verengt wurde, sind, am Rande vermerkt, angebracht.

Die Gemeinschaftsproduktion des Sommertheaters Schaffhausen und des theaterforums Zürich «Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge», stimmte nachdenklich. Wer ein fröhliches Spektakel zur Jubelfeier erwartet hatte, musste enttäuscht nach Hause gehen.

Regula Berger-Hess

.

Friede, Schutz und Sicherheit
Musikalische Premiere in Uster

eing. Am kommenden Freitag und Samstag wird in der reformierten Kirche Uster ein musikalisches und szenisches Programm zu den Zürcher 650-Jahr-Festlichkeiten aufgeführt. «Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge» ist der Titel der beiden ungewöhnlichen Abende. Das Programm ist ein eigentliches Gesamtkunstwerk, musikalisch und szenisch umgesetzt zum momentan leider besonders aktuellen Thema der Sicherheit, aber auch der individuellen Suche nach Schutz und Identität, der Grenzen und der Grenzüberschreitungen.

Texte und Kompositionen aus dem 16./17. Jahrhundert und der Gegenwart wurden dramaturgisch zusammengestellt, für Regie und Raumgestaltung zeichnet Gian Gianotti, der künstlerische Leiter des Stadttheaters Winterthur, die musikalische Leitung liegt bei Matthias Weilenmann vom Konservatorium Winterthur.

Fünf Solosängerinnen, zehn Instrumentalisten, eine Schauspielerin sowie ein Bewegungs- und Sprechchor bilden das Ensemble des Werks, das in Uster als Erstaufführung im Kanton zu hören sein wird. Das Programm in der reformierten Kirche Uster beginnt an beiden Abenden um 19.30 Uhr.

.

Der Landbote
THEATER WINTERTHUR: «EIN HORT, DAHIN ICH IMMER FLIEHEN MÖGE»

Zen-Buddhismus und andere Kriegsmaschinen

«Ein Hort, dahin ich immer fliehen möge»: Gian Gianottis disparate Collage aus vielen Texten und Kompositionen zur Erinnerung an Zürichs 650. Geburtstag ist nicht immer leicht nach- und mitvollziehbar.

PIERRE SARBACH

Heute streiten sich die Historiker, gerade in diesen Tagen auch in Winterthur, ob im Jahre 1351 Zürich der Eidgenossenschaft beigetreten sei, oder ob nicht eher damals zwischen Zürich und den Waldstätten «durch nutz und fromung willen gemeinlich des landes einer ewigen buntnuss und fruntschaft übereinkomen» ein für die viel später sich ausformende Eidgenossenschaft wesentlicher Grundstein gelegt worden ist. Lassen wir den Historikern ihren Streit, der gehört zu ihrem Beruf, und erinnern wir uns daran, dass wir als Legendenbildungen auch Rütlischwur und Burgenbruch, Tell und Winkelried überlebt haben.

Intensive Wortfetzen
Ein Hort ist das Bündnis jedenfalls geworden, und Gianotti hat seine musik-szenische Einrichtung über das damalige Geschehen – knapp zusammengefasst – in fünf Teile gegliedert: «Die Herde/Not/ Herbst – Die Masse/Aggression/Winter – Das Kollektiv/Intimität/Frühling – Das Individuum/Mut/Sommer – Der Mensch/Nachklänge?/Zukunft, bitte!». In diesen Grundraster sind Texte eingebaut von Hermann Broch, Luisa Famos, Erich Fried, Henri Guisan, Karl Kraus, Leonardo da Vinci, Heinrich Leuthold, Martin Luther, Gabriela Mistral, Friedrich Nitzsche, Arnold Ott, Pier Paolo Pasolini und Rainer Maria Rilke. Und damit beginnt das Problem. Schwer ist nachvollziehbar, in welcher Beziehung die teilweise sehr wertvollen Einzeltexte im Gesamtablauf zueinander stehen. Wie ist die Betrachtung von Erich Fromm (Teil 2) über Zen-Buddismus und Psychoanalye mit den Kernsätzen «Satori ist keine abnorme Geisteshaltung … in der die Wirklichkeit verschwindet», mit dem Thema des gleichen Abschnitts zu verknüpfen, zumal Vorspann und Abspann in einem Tempo gesprochen werden, das kaum ein rein akustisches Verstehen ermöglicht?

Wer hat wohl mitverfolgen können, dass Leonardo da Vinci (Teil 3) die Pläne seiner Kriegsmaschinen dem Ludovico Sforza vorgelegt hat und und dabei immer von Henri Guisans patriotischen Reden unterbrochen wurde? Wer hat (Teil 4) die in intensiven Wortfetzen ausgestossenen Textfragmente von Gianotti verstehen können, wo doch die Musik von Fabian Neuhaus übermässiges Eigengewicht fordert? So müsste und könnte man weiter fragen, denn die Vermengung verschiedenster Texte und deren über weite Strecken nicht mögliche Verständlichkeit ist wohl das Hauptproblem im Konzept dieser Aufführung, die übrigens entstanden und diesen Sommer uraufgeführt wurde zur 500-Jahr-Feier des Kantons Schaffhausen.

Keinerlei Probleme bietet die Ausführung. Gianottis Regie und Bühnenbild mögen vielleicht da und dort auch Unsicherheit auslösen, sind aber doch immer wieder von Phantasie und eigenständigem Gestaltungswillen geprägt. Vorab das Bühnenbild mit dem glitzernd-wirren Gestänge und den hängenden Stoffbahnen, wie auch die geschickte Lichtregie üben sicher ihre Faszination aus.

Eine zentrale Aufgabe hatte die einzige Schauspielerin des Stücks zu bewältigen, Monika Dierauer löste ihre Aufgabe mit Bravour. Wenn sie mit ihrem Part nicht immer das Publikum erreichte, lag das nur daran, dass dies rein physisch nicht möglich war. An der Intensität ihres Gestaltungswillens lag es nicht und schon gar nicht an ihrer Ausstrahlung.

Verschiebung der Proportionen
Für den musikalischen Bereich – Hauptbereich? Ausdeutung? Umrahmung? – fanden Kompositionen von Hildegard von Bingen (Mittelalter) über Senfl, Scheidt und Schütz (Renaissance/ Barock) bis zu Martin Derungs und Fabian Neuhaus (Gegenwart) Verwendung, was einem zeitlichen Rahmen von rund tausend Jahren entspricht. Zentral sind Motetten von Schütz («Geistliche Chormusik», 1648), wobei die Motette «Herr, auf dich traue ich», die das Titelzitat enthält, durch Wiederholungen gewissermassen zum Leitmotiv wird.

Wesentlich sind die Kompositionen von Martin Derungs. Er hat einen Zyklus von 37 Partikeln (vom Solo bis zu 15-stimmigen Abschnitten) geschrieben und diese dem musikalischen Leiter Matthias Weilenmann zur freien Verfügung gestellt. Etwa zwei Drittel dieser Partikel fanden Verwendung. Warum was wo eingefügt oder weggelassen wurde, ist zwar nicht immer nachvollziehbar, aber Weilenmann hat alle Musik mit grosser Sorgfalt und überzeugender Interpretationskraft zum Klingen gebracht. Etwas breiten Raum wird Derungs Musik durch die vier Blöcke zu Beginn von Teil 4 eingeräumt, was fast ein kleines, eigenständiges Derungskonzert erwirkt und bei aller Qualität die Proportionen doch verschiebt. Dagegen finden die feinsinnigen, hoch differenzierten Duette und Terzette als Einschübe ihren besten Platz.

Glanzvoll, klangvoll
Ob Weilenmann seine Instrumentalisten selbst ausgesucht hat, sei dahingestellt, sicher hat, wer auch immer «schuldig» war, er eine vorzügliche Wahl getroffen, und es wäre ungerecht, sie nicht namentlich zu nennen. Mit Monika Baer/Violine, Julian Behr/Theorbe, Nicola Cumer/Tasteninstrumente, Mario Huter/Violine, Felix Knecht/Violoncello, Giuseppe Lo Sardo/Violone, Katharina Lugmayr/Blockflöte, Jessica Marshall-Horsley/Viola da gamba, Dagmar Weilenmann/Blockflöte, Martin Zeller/Viola da gamba stand ein Instrumentalensemble zur Verfügung, das in Solo-, Gruppen- und Vollbesetzung immer wieder Erstaunen auslöste.

Bleibt das Vokalquintett: Hell und klar und intonationssicher die Sopranistinnen Martina Fausch und Kelly Landerkin, staunenswert die hohe Kunst des Altus Akira Tachikowa, ebenso glanz- wie klangvoll der modulationsfähige Tenor von Tino Brütsch und schön timbriert der Bass von Michael Raschle. Als Einzelbeispiele für den überdurchschnittlich homogenen Zusammenklang sei nur an die hervorragend gestaltete Scheidt-Motette oder an «Verleih uns Frieden gnädiglich» von Schütz erinnert. Viel besser geht das nicht.

 

 

 

Gianotti, JOHANNA & Co.

 

 

Gian Gianotti,  JOHANNA  & Co.  –  Eine szenische Lesung im Studio.

Schlosstheater Celle, Malersaal,  1994   S / DE
Intendant:  Serge Roon

.

Mit:
Susanne Burkhard
Christine Passow
Isabella Wolf
Veronika Wolff

.

.

Die Angaben aus dem Spielzeit-Programm:

Mittel-Seite 28-29

Studio im Malersaal

Bisher wurde hier gehandwerkt. In Zukunft soll es so bleiben.
Wir werden im Malersaal, in dieser nüchternen
Atmosphäre ohne Vorhang, doppelten Boden, Flimmer
und Glimmer, Projekte erarbeiten, Werkstatt-Theater machen.
Wir wollen hier handwerklich mehr riskieren als auf der Hauptbühne.
Was auch meint: extrem, überraschend,
aber auch spielerisch Theater machen.
Damit werden wir einem neugierigen Publikum die
Möglichkeit geben, uns genauer auf die Finger zu sehen, zu
erleben wie manchmal aus Handwerk Kunstwerk wird.

.

Seite 32:

Johanna, eine Frau.

“Ditié de Jeanne d’Arc” von Christine de Pisan
“Johanna” von Martin de Franc
“Dame du temps Jadis” von François Villon
“Jeanne d’Arc in Heinrich VI” von Shakespeare
“Johannae virginis Francae” von Vallerand de Verranes
“Tragedie de Jeanne d’Arques” von Anonym
“Jeanna Darcia” von Nicolaus Vernulaeus
“Die Heldin von Orléans” von Johann Gottfried Bernhold
“Die heilige Johanna” von Friedrich Schiller
“Die heilige Johanna” von Bernard Shaw
“Die heilige Johanna der Schlachthöfe” von Bertolt Brecht
“Johanna auf dem Scheiterhaufen” von Paul Claudel
“Jeanne d’Arc” von Max Mell
“Jeanne oder die Lerche” von Jean Anouilh

… wer ist Johanna?

.

.

Johanna
Ein szenisches Projekt
von Gian Gianotti

Inszenierung: Gian Gianotti
Ausstattung: Linda Kowsky

ab 28.01.1994

 

 

 

Was das Projekt wollte:

Text:  Gian Gianotti,  Johanna & Co.

Die Produktion wollte eine engagierte, schnelle und direkte Theater-Kommunikation im neuen  “Studio im Malersaal”  definieren. Das Thema von Schiller, Shaw, Brecht, Anouilh u.a. … hätte mit Zitaten aus aktuellen Berichten zur  “Johanna-Haltung-Heute”  ein eher jüngeres und engagiertes Publikum erreichen und aufbauen wollen.

Theater-intern wollte ich als Oberspielleiter mit dieser Produktion neue theatralische Arbeitsweisen der  Szenischen Lesung  angehen:   vom direkten Gespräch über die Lektüre bis zur theatralischen Darstellung und Diskussion.

 

Kündigung:
Nach der ersten Probewoche wurde das  Projekt  am 11. Januar 1994 vom Intendanten abgesetzt.
Damit war mein Vertrag als Oberspielleiter in Celle gebrochen und die Zusammenarbeit abgeschlossen  –  Schade …

.

 

PS:
Nach über 20 Jahren kann ich nur sagen:   Zum Glück !
Nur mit Druck kann man kein Theater machen  –  Zum doppelten Glück !

.

.