150 Jahre Theater Luzern

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Für das Jubiläum 150-Jahre-Stadttheater Luzern
bat mich Heinz Stierli, Redaktor des WOCHENEND JOURNAL vom VATERLAND,
um “einen kurzen, ganz persönlichen Beitrag” über meine Arbeit und Erfahrungen am Luzerner Theater …

Daraus wurden diese
ERINNERUNGEN AN LUZERN, zu IPHIGENIE, 1986
und zu DAS GROSSE WELTTHEATER, 1987

erschienen am Samstag 4. November 1989, Seite 4:

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WORT UND TAT

In Erinnerungsstimmungen über das Stadttheater Luzern versuche ich mich zurechtzufinden: zwischen dem „Iphigenie“– und dem „Welttheater“– Gespräch. Beide waren möglich im Haus und mit dem Haus, das jetzt seine Entstehung feiert – und das Gespräch ist noch nicht abgeschlossen, es liegt noch mehr drin. Und das ist wohl das Wichtigste.

Allmählich fühlt sich „Iphigenie“ in ihrer Vergangenheit zurecht, sie kann sie vermuten (es „entnebeln“ sich ihre Gedanken), sie wird darauf gestossen, wird brutal damit aufgeschreckt – damit sie ihre Gesprächsfähigkeit in der Koexistenz entwickeln kann. Weit, bis hin zur Lebensfähigkeit entwickeln kann. Sie wird das „Woher“, das „Was“ und das „Wohin“ angehen und formulieren, den Partner überzeugen, den nächsten „machbaren“ Schritt vorbereiten und dann tun (können und dürfen) – das alles war Teil der „Iphigenie“, war Teil der Konfrontation mit diesem Inhalt, in diesem Haus. Das Gespräch in Weiss bleibt mir in Erinnerung. Markant und nötig.

Und dann das andere, jenes in Blau vielleicht, jenes um End-Dinge, das Gespräch um Geist und Materie … Ein langer Versuch, ein langes Abtasten und dann Abnabeln … Ein Gespräch um die Ästhetik des Seins. Mit dem grossen Religionskomplex einer Glaubenskultur „à la Gegenreformation“: Ein womöglich verstandenes Kind, nach einer eher schwierigen Geburt eines falschliegenden Fötus … das war „Das grosse Welttheater“. Ein Spiel in einer sehr anspruchsvollen Ausstattung für das Personal, das sich hier meisterlich und mit Liebe für die Musikalität einer Bewegung und Form eingesetzt hat.

Das „Haus“, in dem das Suchen, Sein und Reden möglich war, das „Haus“ als Möglichkeit und Angebot, als Ort der Konkretisierung und der Darstellung von Gedanken, das „Haus“ als Schutzraum für die Entstehung neuer Einsichten und Äusserungsformen – das Theaterhaus in Luzern wird gefeiert, wie mit jeder Premiere: erneut und wieder, mit Wort und Tat. Ein Fest!

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Allen Ermöglichern einen Dank, und allen Machern einen Gruss!

Gian Gianotti

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